Wis­sen­schaft­li­ches Gut­ach­ten be­leuch­tet Fleisch- und Milch-Al­ter­na­ti­ven

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Beirat der Bundesregierung: Paderborner Expertin über zentrale Empfehlungen im Bereich Gesundheit

Schnitzel aus Erbsenprotein, Haferdrinks und Co: In Supermärkten findet man immer mehr Alternativen zu Lebensmitteln tierischer Herkunft. Doch welche Chancen bieten solche Produkte, wie können sie in die Ernährung integriert werden und wie sollte der Staat diese Entwicklung unterstützen? Der Wissenschaftliche Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE) hat jetzt ein Gutachten an das Bundesministerium für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) übergeben. Darin empfiehlt er gezielte Maßnahmen, um ein innovatives Forschungs- und Entwicklungsumfeld für Alternativprodukte zu schaffen. Beiratsmitglied Prof. Dr. Anette Buyken, Ernährungswissenschaftlerin der Universität Paderborn, hat sich insbesondere mit den Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit beschäftigt. „Alternativprodukte bieten voraussichtlich einen kosteneffizienten Hebel mit positiven Nachhaltigkeitswirkungen auf das gesamte Ernährungssystem“, resümiert sie.

Mehr Orientierungshilfe notwendig

Weniger rotes Fleisch und Wurstwaren zu essen, hilft nachweislich dabei, das Risiko für chronische Krankheiten zu verringern. Bei einer entsprechenden Ernährungsumstellung und auch bei der Reduzierung von Milchprodukten können die Alternativen unterstützen. Die Produkte sind im Durchschnitt gesünder und umweltfreundlicher – das Gutachten zeigt aber auch, dass die konkreten Vor- und Nachteile stark vom jeweiligen Alternativprodukt und der Nährstoffzusammensetzung abhängen. „Deshalb ist eine klar erkennbare Gesundheitsbewertung auf der Verpackung wichtig“, findet Prof. Buyken, die an der Universität Paderborn die Arbeitsgruppe „Public Health Nutrition“ leitet. Der WBAE betont in seinem Gutachten daher den Nutzen von Kennzeichnungssystemen wie dem Nutri-Score und empfiehlt, diesen möglichst verpflichtend einzuführen. Er kann Verbraucher*innen dabei helfen, diejenigen Produkte auszuwählen, die eine günstigere Zusammensetzung von Salz, Zucker, Fett, Ballaststoffen und Energiegehalt aufweisen. 

Mehr Auswahl am gemeinsamen Tisch

Außerdem spricht sich der Beirat dafür aus, die steuerliche Benachteiligung von Alternativprodukten zu beenden. Anders als tierische Erzeugnisse unterliegen diese aktuell noch dem vollen Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. „Alternativprodukte sind aus unserer Sicht besonders attraktiv, weil Konsument*innen sie verzehren können, ohne ihr Ernährungsverhalten grundlegend zu ändern. Im Sinne der von uns entwickelten 3-R-Strategie – Reduce, Remix, Replace – gibt es außerdem verschiedene Wahlmöglichkeiten, den Konsum tierischer Lebensmittel flexibel und alltagstauglich zu reduzieren“, erklärt die Paderborner Wissenschaftlerin. Die Strategie verfolgt den Ansatz, weniger Fleisch- und Milchprodukte durch kleinere Portionsgrößen zu verzehren („Reduce“), sie mit pflanzlichen oder alternativen Zutaten zu kombinieren („Remix“) oder vollständig durch Alternativen zu ersetzen („Replace“). 

Immer zu beachten ist die Versorgung mit wichtigen Mikronährstoffen wie Eisen, Calcium oder Jod. Wird der Konsum tierischer Produkte in Richtung einer veganen Ernährung reduziert kann es – mit oder ohne Alternativprodukte – zu einer Unterversorgung kommen. „So ist z. B. bei Kindern und Jugendlichen der Konsum von Milch und Milchprodukten wichtig für eine ausreichende Calciumzufuhr. Wenn sie diese Produkte nicht verzehren können oder wollen, ist es sehr wichtig, dass sie angereicherte Milchalternativen verwenden“, ergänzt Prof. Buyken.

Potenzial für Konsument*innen, Landwirtschaft und Ernährungswirtschaft nutzen 

In seinem Gutachten untersucht der Beirat neben den Auswirkungen auf die körperliche Gesundheit auch die ökonomischen und sozialen Effekte von Alternativprodukten sowie die Auswirkungen auf die Umwelt und das Tierwohl und beleuchtet das Potenzial aus der Konsumentenperspektive. Als Ergebnis empfiehlt er der Bundesregierung, Technologien in diesem Bereich gezielt zu fördern – als Baustein einer zukunftsorientierten Politik für nachhaltigere Agrar- und Ernährungssysteme. Denn grundsätzlich sind sich die Beiratsmitglieder einig: Alternativprodukte erweitern das Angebot und eröffnen damit einen neuen Weg, um Umwelt und Tiere zu schützen, das soziale Miteinander zu stärken und mehr Auswahlmöglichkeiten am gemeinsamen Tisch zu schaffen.

Zum Gutachten: https://www.bmel.de/DE/ministerium/organisation/beiraete/agr-veroeffentlichungen.html

Symbolfoto (Universität Paderborn, Besim Mazhiqi)
Foto (Universität Paderborn, Besim Mazhiqi): Ernährungswissenschaftlerin Prof. Dr. Anette Buyken von der Universität Paderborn ist Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat für Agrarpolitik, Ernährung und gesundheitlichen Verbraucherschutz (WBAE).

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