Geschichte der Hochschule

Die Universität knüpft mit ihrem modernen und erfolgreichen Profil an die Universitätstradition der Stadt Paderborn an. 1614 wurde durch den Fürstbischof Dietrich von Fürstenberg in Paderborn die erste westfälische Universität – mit einer theologischen und einer philosophischen Fakultät – gegründet, die nach der Säkularisation im Staat Preußen als kirchliche Hochschule fortgeführt wurde.

Gründung am 1. August 1972

1946, im ersten Nachkriegsjahr, konstituierte sich in Paderborn – anlässlich der Errichtung der Pädagogischen Akademie – ein Universitätsausschuss mit dem Ziel, an diese Hochschultradition anzuknüpfen. Er blieb jedoch in seinen Bemühungen zunächst erfolglos. Erst am 27. April 1971 wurde durch einen Kabinettsbeschluss der Landesregierung festgelegt, dass Paderborn wieder Sitz einer Universität werden sollte. Die Gründung der Universität Paderborn als Gesamthochschule erfolgte am 1. August 1972, der Baubeginn bereits im Oktober 1972.

Die Universität Paderborn – bis 2001 mit Abteilungen in Höxter, Meschede und Soest

Die Universität Paderborn – bis Ende 2001 mit Fachhochschulabteilungen in Höxter, Meschede und Soest – ging aus mehreren Vorgängereinrichtungen hervor. Die größten waren die Pädagogische Hochschule Paderborn und die Fachhochschule Südost-Westfalen. In dieser Fachhochschule waren im August 1971 die Ingenieurschulen Paderborn, Höxter, Meschede und Soest sowie die Höhere Wirtschaftsfachschule Paderborn und die Soester Ingenieurschule für Landbau zusammengefasst worden.

Die längste Tradition aller Vorläufereinrichtungen der Universität Paderborn hat die 1864 in Höxter errichtete Baugewerkschule. Sie war die erste ihrer Art in Preußen. In den 30er Jahren wurde sie in „Höhere Technische Lehranstalt für Hoch- und Tiefbau“ und nach dem Krieg in „Ingenieurschule für Bauwesen“ umbenannt. Im Jahr 1972, dem Jahr der Gründung der Universität Paderborn, konnte sie bereits auf eine über 100-jährige Geschichte zurückblicken.

In der Weimarer Republik wurde 1923 die zweite der Vorläuferinstitutionen, die in der Trägerschaft der Landwirtschaftskammer stehende „Lehranstalt für praktische Landwirte“ in Soest gegründet, die sich 1947 in „Höhere Landbauschule“ und später in „Ingenieurschule für Landbau“ umbenannte.

Die Entwicklung in der Nachkriegszeit

Im Dezember 1946 entstand die Pädagogische Akademie für Lehrerbildung in Paderborn. Zunächst war Paderborn nicht als Standort einer Akademie vorgesehen, da die Stadt nach dem Krieg zu 85 % zerstört war, doch nach Bemühungen von allen Seiten wurde am 4. Dezember 1946 die Eröffnung einer katholischen Akademie für Lehrerbildung gefeiert, die im Jahr 1962 in eine Pädagogische Hochschule (PH) umgewandelt wurde. Eine grundlegende Umgestaltung erlebte die Pädagogische Hochschule 1965. Die in Nordrhein-Westfalen bestehenden PH`s wurden zu insgesamt drei Pädagogischen Hochschulen zusammengefasst und Paderborn wurde zu einer der fünf Abteilungen der Pädagogischen Hochschule Westfalen-Lippe.

1963 wurde die Ingenieurschule Paderborn gegründet, in der sich die Studierenden auf Berufstätigkeiten im Maschinenbau und in der Verfahrens- und Elektrotechnik vorbereiteten. Elektrotechnik und Maschinenbau waren auch die Spezialgebiete der Ingenieurschule Soest, die 1964 mit einer Außenstelle in Meschede gegründet wurde. Meschede wurde bereits im Jahr 1968 als Ingenieurschule für Maschinenbau selbständig.

Die Fachrichtung, die an der späteren Universität Paderborn den größten Anteil ausmachen sollte, wurde erst sehr spät eingerichtet. Am 1. Oktober 1970 begann die Ausbildung zu graduierten Betriebswirten an der Höheren Wirtschaftsfachschule Bielefeld, Abteilung Paderborn. Im August 1971 wurde sie in die neue Fachhochschule Südost-Westfalen eingegliedert und im Jahr 1972 in die Universität Paderborn.

Gründungsphase

Bei der Gründung der Universität Paderborn mussten somit Institutionen zusammengefügt werden, die nach Geschichte, Selbstverständnis und Standorten höchst unterschiedlich waren. Der Gründungssenat der Hochschule, mit seinem Gründungsrektor Prof. Dr. Broder Carstensen, hatte daher ein beachtliches Arbeitspensum zu bewältigen. Es mußten für alle 17 Fachbereiche mit ihren insgesamt 87 Studiengängen an den vier Standorten Paderborn, Höxter, Meschede und Soest neue Studien- und Prüfungsordnungen erarbeitet werden. Der Senat entschied über die Größe der einzelnen Fachbereiche sowie über ihre materielle und personelle Ausstattung. Er erarbeitete Entwicklungspläne und legte die zukünftigen Forschungsschwerpunkte der Hochschule fest.

1975, drei Jahre nach der Gründung der Gesamthochschule Paderborn, beschloss der Gründungssenat eine Namensänderung. Statt „Gesamthochschule Paderborn“ sollte die Bildungseinrichtung nunmehr „Universität-Gesamthochschule Paderborn“ heißen. Das Recht, die Bezeichnung Universität zu tragen, wurde den Gesamthochschulen jedoch erst 1980 durch Gesetz zugestanden, so daß die Gesamthochschule Paderborn erst am 1. Januar 1980 in Universität-Gesamthochschule Paderborn umbenannt wurde.

Weitere Entwicklung

Die vom Land vorangetriebene Konzentration von Studiengängen ging auch an Paderborn nicht spurlos vorüber. In den 80er Jahren wurden die Fächer Bauingenieurwesen/Architektur in Höxter und der Lehramtsstudiengang Sozialwissenschaften für die Sekundarstufen I und II eingestellt. Auch die Bedeutung und der Umfang einzelner Disziplinen haben sich seit der Gründung der Hochschule stark verändert. Lag 1972 der Schwerpunkt der Ausbildung noch auf den Geistes- und Ingenieurwissenschaften, so haben zwischenzeitlich die Bereiche Wirtschaftswissenschaften und Informatik die stärksten Zuwächse zu verzeichnen.

Konsolidierungsphase

Nach Abschluß der Gründungsphase Mitte der 80er Jahre wurde der Ausbau der Universität zügig weiter vorangetrieben. Die Zahl der Studierenden stieg von anfangs 4.400 im Wintersemester (WS) 1972/73 rasch an. Die ursprünglich vorgesehene Höchstgrenze von 6.000 Studierenden wurde bereits im WS 1976/77 erreicht und im Jahr 1999 sind mehr als 15.000 Studierende an der Universität Paderborn mit ihren Fachhochschulabteilungen in Höxter, Meschede und Soest eingeschrieben.

Abschied von den Abteilungen und der Gesamthochschule

Die Abteilungen befanden sich bis Ende 2001 unter dem Dach der Universität und sind jetzt Teile der Fachhochschule Lippe und Höxter bzw. der Fachhochschule Südwestfalen. Seit Anfang 2003 heißt die frühere Universität-Gesamthochschule Paderborn offiziell „Universität Paderborn“.

Die Universität Paderborn mit über 17.500 Studierenden im Wintersemester 2011/2012 und 2.000 Beschäftigten hat ihren Standort jetzt ausschließlich in Paderborn auf dem Campus an der Warburger Straße sowie im Gebäude an der Fürstenallee.

Aus 10 Fachbereichen wurden 5 Fakultäten

Die Umstrukturierungsphase der Jahre 2000-2002 umfasste auch eine neue Gliederung der Hochschule in fünf Fakultäten: I. Fakultät für Kulturwissenschaften, II. Fakultät für Wirtschaftswissenschaften, III. Fakultät für Naturwissenschaften, IV. Fakultät für Maschinenbau und V. Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik. Eine noch stärkere Intensivierung der interdisziplinären Zusammenarbeit sowie eine Schärfung des Profils waren einige der wesentlichen Gründe für die tief greifenden Veränderungen.

Die Universität der Informationsgesellschaft

Aktuell orientiert sich die Universität Paderborn an der Leitidee der „Universität der Informationsgesellschaft“. Die starke Informatik und deren Anwendungsfelder sowie die interdisziplinäre Durchdringung vieler Disziplinen durch informationstechnologische Aspekte bilden für diese Ausrichtung zwar eine hervorragende Grundlage; die Universität will aber mehr erreichen: Sie möchte die naturwissenschaftlich-technische Entwicklung der Informationsgesellschaft vorantreiben, sie kritisch begleiten, gleichzeitig den Blick für die beständigen Werte unserer Kultur öffnen, aber auch die sich in der Informations- oder Wissensgesellschaft bietenden Chancen nutzen.

Daraus folgt, dass alle Wissenschaftsbereiche, die in Paderborn vertreten sind, im Zusammenhang mit dieser Leitidee Bedeutung haben: natürlich die Informatik und die Mathematik im Hinblick auf die theoretische Stützung als wichtigstes Schwesterfach. Das gilt in gleicher Weise für die Ingenieurwissenschaften mit der Informationstechnik, der Elektrotechnik und dem Maschinenbau, die Naturwissenschaften Physik und Chemie, die Wirtschaftswissenschaften sowie die Geistes- und Kulturwissenschaften. Sie alle tragen zur Entwicklung und zur kritischen Auseinandersetzung mit der Informationsgesellschaft bei. Dabei bilden die Geistes- und Kulturwissenschaften ein tragendes und eigenständiges Element in dem Fächerspektrum.

Das Leitbild der Universität schließt Internationalität und künstlerische Präsenz mit ein, da die Informations- bzw. Wissensgesellschaft globale Dimensionen hat und künstlerisches Wirken Kontrapunkt in einer eher intellektuellen Welt ist. Deshalb sind das Hochschulorchester, die Big Band, der Jazz-Chor, die Studiobühne oder Kunstausstellungen wichtige Einrichtungen der Universität, die im Hochschulleben eine herausragende Rolle spielen.

Hochschulrat

Nach Änderungen der landesgesetzlichen Rahmenbedingungen wurde als bedeutende Neuerung ein Hochschulrat eingerichtet.

Auf seiner Sitzung am 25.4.2007 bestätigte der Senat der Universität den Hochschulrat. Die Universität war damit die erste Hochschule in Nordrhein-Westfalen, an der ein solches Gremium offiziell eingerichtet wurde. Der Hochschulrat nahm im Juni 2007 seine Arbeit auf.

Präsidium

Ebenfalls aufgrund der Gesetzesnovellierung wurde für die NRW-Hochschulen die Möglichkeit geschaffen, als Leitungsgremium weiterhin ein Rektorat zu wählen oder sich eine Präsidialstruktur zu schaffen. An der Universität Paderborn ist seit Anfang 2008 ein Präsidium im Amt.

Text: Martina Schapeler, Rektoratsassistentin (bis Dez. 2000)


Folgende Veröffentlichungen zur Geschichte der Universität Paderborn sind in der Universitätsbibliothek einsehbar/ausleihbar:

  • Universität-Gesamthochschule Paderborn, hrsg. vom Rektorat der Universität-Gesamthochschule Paderborn, Paderborn 1992
  • Sigrid Blömeke / Hans-Georg Schwarz, 20 Jahre Uni-GH Paderborn. Eine Dokumentation zu Geschichte und Gegenwart, Paderborn 1993
  • Gerhard Rimbach, Vom Reformmodell zur modernen Universität. Gesamthochschule im Lande, Nordrhein-Westfalen, 20 Jahre, Düsseldorf 1992
  • Einblicke-Ausblicke, 25 Jahre Universität-GH Paderborn, hrsg. von Elisabeth Fisch und Hartmut Vollmer im Auftrag des Rektorats der Universität-Gesamthochschule Paderborn, Paderborn 1998
  • 40 Jahre Universität Paderborn, hrsg. von Peter Freese, Paderborn 2012