Internationale Belgien-Tagung am 21. und 22. April

„Belgien – anregend anders“ ist eine von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Deutschen Gesellschaft für Fremdsprachenforschung (DGFF) geförderte Tagung, die am 21. und 22. April in einem Online-Format an der Universität Paderborn stattfindet. Die Organisation liegt bei Prof. Corinna Koch von der Universität Münster und Prof. Sabine Schmitz von der Universität Paderborn. Prof. Schmitz ist Vorstandsvorsitzende des Paderborner Belgienzentrums.

Warum steht Belgien im Fokus dieser Tagung? Belgien, in der Mitte Europas gelegen und durch seine Hauptstadt Brüssel geographischer Ankerpunkt der Europäischen Union, fordert im Rahmen der Tagung die internationalen Wissenschaftler*innen mit seiner in der Verfassung verankerten Dreisprachigkeit, seiner auf Ausgleich und Kompromiss zielenden anspruchsvollen konstitutionellen Architektur, seinem großen Reichtum an lokalen und regionalen Kulturen und seiner Rolle als historisch bedeutsamer, zentraler Drehscheibe europäischer Kultur und Geschichte heraus. Eine Beschäftigung mit Belgien erfordert nicht nur, das komplexe Zusammenspiel zwischen Föderalbehörde sowie Regionen und Gemeinschaften zu verstehen, sondern auch das damit verbundene Potential für die didaktische Aufbereitung für den schulischen Unterricht zu nutzen. Vielfalt und Vielsprachigkeit prägen den Alltag in Schulen – sowohl in Belgien als auch in Deutschland –, sie erfordern komplexe Aushandlungsprozesse, für deren Verständnis die Auseinandersetzung mit der belgischen (Kultur-)Geschichte unverzichtbar ist.

Die vielfältigen Elemente, die den Alltag in Belgien auf der Ebene von Sprache, Literatur und Kultur bestimmen, müssen Forschende wie schulische Lehrende und Lernende reflektieren, um ein ‚anregend anderes‘ Land und einen wichtigen Nachbarn Deutschlands kennenzulernen und belgische Realitäten nicht als Labyrinth, sondern als einen spannenden, bedenkenswerten Entwurf sozialer, lebensweltlicher und kultureller Optionen im 21. Jahrhundert begreifen zu können. Prof. Schmitz: „Die Universität Paderborn ist ein idealer Ort, diesen Fragen durch Forschung und intensive Diskussion nachzugehen.“ An der Universität befinden sich mit dem Belgienzentrum und dem BelgienNet international ausgewiesene Forschungs- und Lehr/Lerninstitutionen, die in enger Zusammenarbeit mit Vertreter*innen des Königreichs Belgien, der Regionen und Gemeinschaften in den letzten fünf Jahren bereits zahlreiche Veranstaltungen über Belgien national und international ausgerichtet haben. „Zudem ist eine Universität in Nordrhein-Westfalen in besonderer Weise dem Engagement der Zusammenarbeit mit Belgien verpflichtet, da dieses Bundesland seit 2008 in Form eines Sonderstatus eine enge Kooperation mit den Benelux-Staaten eingegangen ist und seitdem die sehr gute Beziehungen zu diesem europäischen Kernland ganz oben auf der Agenda des Bundeslandes, aber auch Deutschlands stehen. Kaum zufällig ist Belgien aus diesem Grund in den Schulfächern Niederländisch und Französisch nicht nur in Nordrhein-Westfalen ein wichtiges Themengebiet in der Oberstufe“, so Prof. Schmitz weiter.

Die Überführung in Wissen über belgische Kultur stellt Prozesse des kulturellen Lernens in den Fokus. Gegenstand der Untersuchungen und Diskussionen werden, ausgehend von einem weiten Textbegriff, kulturelle Produkte bzw. Texte sein (siehe Tagungsprogramm), in denen kulturelles Wissen gespeichert ist bzw. denen eine herausragende Rolle als Wissensspeicher kollektiver Erfahrungen zugeeignet wird, z. B. dem Comic, der in Belgien als neunte Kunst gefeiert wird. Die Codierung und Speicherung dieser Deutungsmuster in Sprache, Medien, Bildern, Symbolbildungen und Artefakten aller Art in ihrer Konfliktivität, aber auch in ihrer Ausdifferenzierung sind zentral für die (Re-)Konstruktionen gesellschaftlicher Wirklichkeiten. Diesen gemeinschaftlichen Wissensstrukturen und ihrer Vermittlung sowie ihrem großen Potential, sich eine zunehmend komplexe Welt zu erschließen, gilt das Interesse dieser Tagung.

Bei „Belgien – anregend anders“ findet eine Internationalisierung in Bezug auf die aktiven Tagungsteilnehmer*innen statt. Außerdem werden die Teilnehmer*innen in weiteren Disziplinen wie Germanistik, Niederlandistik und Geschichte in Tandems einen Beitrag vorbereitet haben. Hieraus ergibt sich eine wichtige Öffnung im Sinne einer inter- und transdisziplinären Fokussierung der leitenden Erkenntnisfragen, die die Forschungen maßgeblich bestimmen wird. Ziel dieser Perspektivierung ist es zudem, unter Berücksichtigung der durch Ländervorgaben gesetzten inhaltlichen und strukturellen Rahmungen von Lehrinhalten für die Schule, aber auch darüber hinaus, über neue und zeitgemäße Formen des kulturellen Lernens zu diskutieren.

Für ein derartiges Vorhaben, das im vorliegenden Kontext konkret im Bereich der Didaktik, Literatur-, Kultur- und Sprachwissenschaft des Französischen und Niederländischen angesiedelt ist, stellt Belgien einen besonders geeigneten Gegenstand dar. Durch die mit allen Tagungsteilnehmer*innen zu diskutierende Konzeptualisierung von Kultur als Summe kultureller Deutungsmuster rückt die in Belgien stets, explizit oder implizit, erfolgende Bezugnahme auf die das Land prägenden verschiedenen Sprachen, Regionen und Gemeinschaften zudem überzeugend in den Fokus. Durch die Teilnahme von offiziellen Vertreter*innen des Königreichs Belgien, seiner Gemeinschaften und Regionen ist es zudem möglich, politische Implikationen der Konstruktion solcher Deutungsmuster tagesaktuell zu diskutieren und zu verstehen.

Am 21. April findet ab 19.15 Uhr eine Abendveranstaltung für alle Interessierten mit dem Generaldelegierten Flanderns, Nic Van der Marliere, und dem Leiter der Vertretung der Wallonie, der Föderation Wallonie-Brüssel und Ostbelgiens statt. Nach einem spannenden Vortrag gibt es anschließend die Möglichkeit, Fragen zu stellen. Anmeldungen zu der Teilnahme an diesem Abendgespräch sind bis Montag, 19. April, per Mail an sabine.schmitz(at)upb(dot)de möglich. Ein Livestream eines Konzerts des berühmten flämischen Pianisten Lucas Blondeel und ein „HomeKonzert“ des bekannten wallonischen Fingerstyle-Gitarristen Jacques Stotzem runden das Programm ab. Die Konzerte sind für alle zugänglich und können über www.Belgien.net von 20.30 bis 22 Uhr angesehen werden.

Weitere Informationen und das vollsändige Veranstaltungsprogramm gibt es hier.

Abbildung: Poster

Kontakt

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Prof. Dr. Sabine Schmitz

Belgienzentrum (BELZ)

1. Vorstandsvorsitzende