„Digital Humanities“ und „Musikwissenschaft“ studieren: Interview über die neuen Fächer im Masterstudiengang „Kultur und Gesellschaft“

An der Universität Paderborn können Interessierte seit 2014 den Masterstudiengang „Kultur und Gesellschaft“ studieren. Studierende belegen hier zwei gleichgewichtete Fächer. Zum kommenden Wintersemester erweitern die Fächer „Digital Humanities“ und „Musikwissenschaft“ das Angebot. Bewerbungen sind noch bis zum 21. September möglich. Im Interview stellen Prof. Dr. Michaela Geierhos und Prof. Dr. Andreas Münzmay die Fächer vor, erklären, was es hier für ein erfolgreiches Studium braucht und in welchen Berufen die Absolventen später arbeiten können.

Welche Inhalte vermitteln Sie Studierenden in den Fächern „Musikwissenschaft“ und „Digital Humanities“ und wie sieht der Studienverlauf aus?

Andreas Münzmay: Im Fach Musikwissenschaft geht es um Musik und Musikkultur in ihrer ganzen Breite. Auch wenn viele hier zunächst vor allem an Notentexte, an komponierte ‚ernste‘ Werke denken, beschäftigt sich unser Fach mindestens genauso intensiv mit Audio- und Video-Aufnahmen, Popmusik und Performances, mit aktuellen kultur- und gesellschaftspolitischen Debatten, Globalisierung, Digitalisierung und Social Media.

Mit unserem musikwissenschaftlichen Studienprogramm wollen wir der großen Bedeutung von Musik in historischen und heutigen Gesellschaften gerecht werden. Im Master spezialisieren sich die Studierenden, indem sie gezielt aus unterschiedlichen Themen- und Methodenseminaren auswählen. So werden sie idealerweise zu gefragten Kennern, kompetenten Beobachtern und professionellen Mitgestaltern – sei es im engeren wissenschaftlichen oder im breiteren kulturellen beruflichen Umfeld.

Michaela Geierhos: Digital Humanities ist ein Kombinationsfach, das nicht konsekutiv angelegt ist. Das heißt, Studierende mit einem im weitesten Sinne geisteswissenschaftlichen Bachelor-Abschluss können dieses Fach wählen. Deshalb legen wir im ersten Mastersemester zunächst die informationstechnischen Grundlagen und geben den Studierenden einen Überblick über die Facetten der Digital Humanities, bevor ab dem zweiten Semester Kenntnisse zu Datenobjekten, deren Modellierung, maschineller Verarbeitung und Interpretation vermittelt und praktisch trainiert werden.

Die Studierenden sollen im Masterstudium insbesondere den Forschungsprozess und die Zusammenarbeit in interdisziplinären Projekten kennenlernen. Beides sollen sie dann professionalisieren, wofür das dritte Semester angedacht ist. Hier stehen Projektmanagementdurchführung und -präsentation im Fokus. Zudem besteht hier die Möglichkeit, Querschnittsthemen aus den beiden gewählten Fächern zu vertiefen. So könnte beispielsweise ein Studierender, der Digital Humanities in Kombination mit Musikwissenschaft belegt, im Team oder individuell ein Praxisprojekt planen und durchführen und würde von Vertretern beider Fachdisziplinen betreut.

Welche Voraussetzungen muss ich mitbringen, um Musikwissenschaft und Digital Humanities in Paderborn erfolgreich studieren zu können?

Geierhos: Wer Digital Humanities in Paderborn erfolgreich studieren möchte, bringt eine gewisse Affinität für analytisches Denken mit, hat Gefallen an der Automatisierung von Prozessen und liebt den Umgang mit Daten sowie die Arbeit am und mit dem Computer. Darüber hinaus ist Digital Humanities per Definition eine interdisziplinäre Wissenschaft. Unsere Studierenden sollten daher kommunikativ und offen für Neues sein, denn Digitale Humanisten sind echte Querdenker.

Münzmay: In das Masterfach Musikwissenschaft können Studierende mit einem Bachelorabschluss in Musikwissenschaft einsteigen. Aber auch in künstlerischen oder musikpädagogischen Grundstudiengängen spielt national wie international Musikwissenschaft oft eine so große Rolle, dass mit entsprechenden Abschlüssen der Einstieg bei uns ebenfalls problemlos möglich ist.

In welchen Berufen können Masterabsolventen Ihrer Fächer arbeiten?

Münzmay: Der Abschluss qualifiziert international für Berufstätigkeiten in vielfältigen wissenschaftlichen und kulturellen Arbeitsbereichen. Hervorzuheben sind wissenschaftsnahe Tätigkeitsfelder im Theater-, Opern- und Konzertbetrieb, in Editionsinstituten, Forschungsstellen und Forschungsinstituten, bei Musikalien-, Musikbuch- und Wissenschaftsverlagen, im Rundfunk-, Presse- und Onlinejournalismus, in Archiven, Bibliotheken und Museen, in Stiftungen, Kulturpolitik und Wissenschaftsakademien sowie in der akademischen Lehre und Forschung an Universitäten und Musikhochschulen. Besonders erfolgreiche Absolventen entwickeln oft direkt nach der Masterarbeit ein Promotionsprojekt.

Geierhos: Die Doppelqualifikation in den Digital Humanities bietet Absolventen – jenseits der wissenschaftlichen Berufswahl –  unter anderem den Einstieg in Medien- oder IT-Unternehmen sowie in Bereiche der Kommunikation und Beratung, in denen Informationen bereitgestellt und aufbereitet werden. Deshalb qualifizieren sich Studierende für Tätigkeiten an der Schnittstelle zwischen Informatik und kulturwissenschaftlicher Anwendung digitaler Technologien (z.B. bei digitalen Editionsprojekten), aber auch für eine Anstellung in Museen, Bibliotheken, Archiven, Verlagen sowie im Bildungs- und kulturell orientierten Medienbereich.

Mit Blick auf den späteren Job: Welche Spezialisierungs- und Zusatzangebote gibt es während des Studiums für Masterstudierende Ihrer Fächer?

Münzmay: Wir unterstützen und ermutigen unsere Studierenden intensiv, so viel wie möglich ‚mitzunehmen’, denn: Jedes Praktikum, jeder Auslandsaufenthalt – etwa an einer unserer Erasmus-Partnerhochschulen – und jede Summer School bringen größeres Wissen und neue Erfahrungen mit sich, vor allem aber auch persönliche Kontakte, die als Netzwerk für den Berufseinstieg unschätzbar wertvoll sein können.

Geierhos: In den Arbeitsgruppen und in unseren Forschungsprojekten haben wir außerdem überdurchschnittlich viele studienbegleitende Jobs anzubieten, die gerade den Masterstudierenden ein Studieren und Arbeiten im direkten Kontakt mit den Lehrenden und Forschenden des Musikwissenschaftlichen Seminars beziehungsweise des „Digital Humanities Lab“ der Universität Paderborn ermöglichen.

Im Masterstudiengang „Kultur und Gesellschaft“ können Ihre Fächer mit anderen Fächern wie „Medienwissenschaften“ oder „Management“ kombiniert werden, aber auch direkt miteinander. Welche Vorteile hätte es, wenn ich den Master mit den Fächern „Digital Humanities“ und „Musikwissenschaft“ studiere?

Geierhos: Natürlich ist unser Fach stark mit der Musikwissenschaft verbunden. In der Regel findet die Spezialisierung im Master aber erst durch die jeweilige Fächerkombination statt. Denn Digitale Geschichts-, Literatur-, Sprach- oder Musikwissenschaft – um nur einige wenige Möglichkeiten zu nennen – ist die Qualifikation, die spätere Arbeitgeber händeringend suchen. Im Zuge der Digitalisierung braucht es qualifizierte Leute, die bedarfsgerechte Software-Werkzeuge für die Kulturwissenschaften entwickeln und andere beratend unterstützen.

Münzmay: Weil Musik heute überwiegend digitalisiert ist oder digital vorliegt, wurde eine digitale Musikwissenschaft möglich, aber auch notwendig, die mit neuen Methoden an die ‚Datensorte‘ Musik’ herangeht. Die Paderborner Musikwissenschaft hat diese Zeichen der Zeit früh erkannt und Werkzeuge für digitale Musikeditionen sowie Standards für die Musikkodierung entwickelt. Wir sind heute auf diesem Gebiet vor allem durch das „Zentrum Musik-Edition-Medien“ bundesweit führend und weltweit in der Community der Digital Humanities vernetzt. Es liegt daher auf der Hand, dass im Studium die Digital Humanities eine ideale Ergänzung zur Musikwissenschaft sind. Wir haben die neuen Kombi-Fächer bewusst gleichzeitig und in enger Absprache miteinander eingeführt.

Warum sollte ich mich für ein Studium in Paderborn und im Falle von Musikwissenschaft in Detmold entscheiden? Was wird mir hier geboten?

Münzmay: Detmold ist eine Besonderheit, da es der einzige Standort der Uni Paderborn außerhalb von Paderborn ist. Das hat historische Gründe, denn die Musikwissenschaft war zunächst an der Detmolder Hochschule für Musik angesiedelt. Nach der Gründung der damaligen Gesamthochschule Paderborn wurde in den 1970er Jahren die Chance genutzt, durch eine Kooperation eine akademische Anbindung herzustellen. Diese gewachsene Struktur hat bis heute den Charme der unmittelbaren Nähe zur künstlerischen Praxis: In Detmold am Musikwissenschaftlichen Seminar zu studieren bedeutet nicht nur, eine hervorragende Spezialbibliothek, einen direkten Draht zu den Dozenten und eine prima Arbeitsatmosphäre im „Muwi-Neubau“ vorzufinden, sondern auch gemeinsame Studienprojekte, Begegnungen und spannende „Fachsimpeleien“ mit Kommilitonen, die z. B. Gesang oder ein Instrument, Komposition, Dirigieren, Tonmeister oder Audiovisual Arts Computing studieren.

Geierhos: Paderborn ist meines Wissens deutschlandweit der einzige Standort, der es Absolventen reiner geisteswissenschaftlicher Fächer ermöglicht, im Master Zusatzqualifikationen im Bereich Digital Humanities zu erwerben. Mit unserem 2019 neu eingerichteten „Digital Humanities Lab“, bestehend aus PC-Raum und Open Space für Gruppenarbeit, haben wir eine einmalige Lehr-Lernumgebung geschaffen.

Interview: Simon Ratmann, Stabsstelle Presse und Kommunikation

Weitere Informationen zum Fach Digital Humanities und Online-Bewerbung: go.upb.de/FachDigitalHumanities 

Weitere Informationen zum Fach Musikwissenschaft und Online-Bewerbung: go.upb.de/FachMusikwissenschaft

 

Allgemeine Informationen zum Masterstudiengang „Kultur und Gesellschaft“

„Ziel des Masterstudiengangs „Kultur und Gesellschaft“ ist es, den Studierenden eine gründliche und nachhaltige wissenschaftliche Ausbildung bei gleichzeitig individueller Profilbildung im Horizont von Interdisziplinarität und Interkulturalität als den zentralen Leitideen des Studiengangs zu vermitteln“, betont Norbert O. Eke, Studiendekan der Fakultät für Kulturwissenschaften. Um das zu erreichen, können die Studierenden im Masterstudiengang aus einem Pool von derzeit 17 Fächern zwei Studienfächer ihrer Wahl kombinieren. „Das durch einen Projektbereich ergänzte Studium dieser Fächer ist gleichermaßen theoriegeleitet wie berufsfeldorientiert: Einerseits sollen die Studierenden die Kompetenz für Tätigkeiten in Berufsfeldern wie Bildungsmanagement, Kulturvermittlung, Medien, Sprachen etc. erwerben; andererseits sollen sie dazu befähigt werden, wissenschaftliche Fragestellungen und Forschungszusammenhänge nachvollziehen und eigene Projekte mit dem Ziel einer späteren Promotion entwickeln zu können“, so Eke.

Das komplette Studienangebot der Universität Paderborn im Überblick: go.upb.de/Studienangebot. Bewerbungsschluss für alle Fächer ist der 21. September.

Foto (Universität Paderborn): Michaela Geierhos ist seit 2017 Professorin für Digitale Kulturwissenschaften an der Universität Paderborn.
Foto (Universität Paderborn): Andreas Münzmay ist seit 2016 Professor für Musikwissenschaft am Musikwissenschaftlichen Seminar Detmold/Paderborn.

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Prof. Dr. Andreas Münzmay

Bereich Prof. Dr. Andreas Münzmay

Musikwissenschaft / Digitale Musikedition / Digital Humanities (Akademie-Professur)

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