Wort halten und zur Logik stehen - Vortrag von Prof. Dr. Bernhard Emunds beendet die Vorlesungsreihe „Wirtschaftsethik“

Ein gutes Maß an Freude war nicht zu überhören, als am vergangenen Dienstagabend (9. Juli) Professor Günter Wilhelms von der Theologischen Fakultät Paderborn seinen Frankfurter Fachkollegen, Professor Bernhard Emunds, im Zentralhörsaal der Universität Paderborn als Referenten des Abends vorstellte. Mit diesem ausgewiesenen Experten für Wirtschafts- und Sozialethik ist die Vorlesungsreihe „Wirtschaftsethik“, die im April diesen Jahres von Professor René Fahr (Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Uni Paderborn) und Professor Günter Wilhelms als Kooperationsveranstaltung der Universität und Theologischen Fakultät Paderborn ins Leben gerufen wurde, in die Sommerpause gegangen.

Schon zu Beginn der Veranstaltung machte Professor Fahr das Auditorium darauf aufmerksam, dass mit diesem Vortrag zwar das Semesterprogramm ende, allerdings der inhaltlich direkte Anschluss nicht lange auf sich warten lasse. Pünktlich zum Wintersemester werde die „zweite Runde“ eröffnet. Paderborn wird also auf längere Sicht hin Diskussionsort des aktuell-relevanten Themas „Wirtschaftsethik“ bleiben und ab kommendem November das Gespräch sowohl mit weiteren fachversierten Referentinnen und Referenten als auch mit der interessierten Öffentlichkeit suchen; denn den Initiatoren ist sehr daran gelegen, dass der direkte Austausch zwischen Fachwelt und allgemeiner Öffentlichkeit zum gelebten Programm wird. Die konzeptgesetzte Aufteilung von Vortrag und anschließender Diskussion zu gleichen Teilen hat sich schon jetzt, nach der sechsten Veranstaltung, zum festen Kennzeichen dieser unmittelbaren Austauchkultur etabliert.

Davon konnte sich auch Prof. Dr. Emunds einen Eindruck verschaffen, als er nach seinem Vortrag für Anfragen und Anmerkungen Rede und Antwort stand. Doch was stand am Dienstagabend auf dem Programm?

Emunds hatte das Publikum unter der programmatischen Überschrift „Demokratie im Schlepptau der Finanzmärkte. Ethische Bemerkungen zur Finanz- und Schuldenkrise“ eingeladen und damit bereits auf ein Ungleichgewicht hingewiesen: das demokratische Ordnungssystem - national wie international betrachtet - hat besonders in naher Vergangenheit und Gegenwart gegenüber den Geschehnissen auf dem nationalen gleichwie internationalen Finanzmarkt das Nachsehen und wird auf vielen Ebenen beschnitten. Als Hauptgründe für diese Entwicklung nannte Emunds das immer deutlicher sich abzeichnende Gegeneinanderlaufen von einerseits der „Logik der Demokratie“, mit dem Versprechen das Gemeinwohl der Bürger zu fördern und andererseits der „Logik der Kreditbeziehungen“. Diese Logik beabsichtigt die Wahrung der Kreditwürdigkeit um jeden Preis. Dass allerdings das demokratische Gemeinwesen Grundlage für wirtschaftliches Handeln jedweder Art ist, scheint in Anbetracht des gegenwärtigen, krisengebeutelten Wirtschafts- und Finanzmarktsektors nicht ausreichend berücksichtigt und anerkannt worden zu sein. So wird die Legitimität demokratischer Strukturen in Zweifel gestellt, wenn Finanzinstrumente jeglichen realwirtschaftlichen Bezug vermissen lassen und sich zudem staatlichen Kontrollen und klaren Haftungszuschreibungen entziehen. Aus seiner doppelten Profession als Theologe und Politikwissenschaftler heraus ließ es sich Emunds mit Blick auf den Aspekt „Gemeinwohl“ und Verletzung der „Logik der Demokratie“ nicht nehmen, eine plakative Gegenwartsaufnahme abzugeben. So käme es vor der Kulisse der Finanzmarkt- und Schuldenkrise nicht von ungefähr, dass die westliche Welt in der vergangenen Zeit so viele Regierungswechsel und –stürze hat verarbeiten müssen. Die daraus eingetretenen und noch zu erwartenden Folgen erfordern eine aufmerksame Beobachtungsgabe, um Empfehlungen für die künftige Finanzpolitik geben zu können.

Mit diesem analytischen Um-sich-Blicken – vor allem auch in Verantwortung vor der und für die Allgemeinheit – wird zudem deutlich, dass Emunds aus einer fundiert-sozialethischen Tradition kommt. Als Professor für Christliche Gesellschaftsethik und Sozialphilosophie und als Leiter des Nell-Breuning-Instituts (NBI), Institut für Wirtschafts- und Gesellschaftsethik an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen in Frankfurt a. M., schreibt er jene gesellschaftsanalytischen Bestrebungen fort, die mit dem Jesuitenpater Oswald von Nell-Breuning (1890-1991) - einer der treibenden Kräfte der „Katholischen Soziallehre“ des 20. Jahrhunderts und „Nestor“ dieser Disziplin - in Frankfurt begannen.

Am 5. November 2013 wird der wirtschaftsethische Dialog in Paderborn fortgesetzt. Dann spricht Prof. Dr. Klaus Rosenthal, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Paderborn, zum Thema „Möglichkeit der Freiheit zur Unfreiheit: Ethik versus Moral im Kontext der Herrschaft ökonomischer Rationalität“. Und als weitere Vorankündigung sei schon jetzt darauf hingewiesen, dass Bischof Dr. Franz-Josef Bode, Bischof des Bistums Osnabrück, angefragt worden ist, im Februar 2014 unter christlichen Beobachtungspunkten die Wintersemester-Vortragsreihe zu schließen. Freuen Sie sich also auf weitere interessante Begegnungen aus Theorie und Praxis zum Thema „Wirtschaftsethik“.

Foto und Text: Benedikt Klaucke

Prof. Dr. Bernhard Emunds von der Hochschule Sankt Georgen/Frankfurt am Main beendete am Dienstagabend die interdisziplinäre Vorlesungsreihe „Wirtschaftsethik“ (Mitte). Über sein Kommen freuten sich Prof. Dr. René Fahr (li.) und Prof. Dr. Günter Wilhelms.