Sinn im Chaos schaffen – Gastvortag am 28.1. zur Beiruter Musikszene und ihren transnationalen Verflechtungen

Prof. Dr. Thomas Krettenauer und Prof. Dr. Christoph Jacke (Fach Musik/Studiengang Populäre Musik und Medien) freuen sich, den schweizer Musikethnologen und freien Musikjournalisten Dr. Thomas Burkhalter für einen Vortrag in der kommenden Woche gewonnen zu haben.

«Ich bin ein arabischer Künstler! Ich bin in einer chaotischen Welt aufgewachsen. Und so klingt auch meine Musik.» (Raed Yassin, 2006)

Innerhalb seines Vortrages mit dem Titel „Sinn im Chaos schaffen: Die Musikszene Beirut und ihre transnationalen Verflechtungen“ wird Herr Burkhalter am Beispiel subkultureller libanesischer MusikerInnen aufzeigen, wie diese sich künstlerisch zwischen dem lokalen Umfeld und transnationalen Nischenszenen verorten. In seiner eigenen Vortragsankündigung führt Burkhalter aus: „In einer zunehmend digitalisierten und transnationalen Welt bekommen Musikerinnen und Musiker ein immer reichhaltigeres Repertoire an musikalischen Formen und Stilen vorgeführt. Gleichzeitig erhalten sie dank der immer billigeren Informationstechnologie neue Möglichkeiten, sich der Welt mitzuteilen. [...] Ein Teil der Musiker fokussiert auf die eigene Biographie – besonders auf Hörerfahrungen und Hörerinnerungen aus dem libanesischen Bürgerkrieg (1975 – 1990). Mazen Kerbaj imitiert auf seiner Trompete Hubschrauber, Gewehrsalven und Bomben. Raed Yassin sammelt Tonmaterial aus seiner Kindheit: Propaganda-Lieder, die politischen Reden der verschiedenen Fraktionen, dazu Radiojingles, Werbelieder, Pophits aus dem Krieg und alte Tonaufnahmen von der Stadt. All das mixt er zu einem kontroversen Stück Ton- und Zeitgeschichte zusammen. Kerbaj, Yassin und andere libanesische Musiker vertonen die Welt aus ihrer ganz persönlichen Sicht und Perspektive. Ihre Musik zeugt von einem großen Wissen über musikalische Trends in Europa und den USA und lässt das Chaos der Welt, die Hektik des Alltags und die Wut über die politische und ökonomische Lage erklingen. Die Musiker zwingen uns, unsere Definitionen von «Authentizität», «Herkunft» und «Örtlichkeit» in der Musik zu hinterfragen.“

Dr. Thomas Burkhalter (*1973) legte im Jahr 2009 seine Dissertationsprüfung zum Thema «Challenging the Concept of Cultural Difference - «Locality» and «Place» in the Music of Contemporary Beirut» an der Universität Bern ab. Er forscht seit einigen Jahren an der Schnittstelle von Musikethnologie und «Popular Music Studies» und arbeitet mit interdisziplinären Theorien der Globalisierung und Digitalisierung. Für seine Lizenziatsarbeit hat Burkhalter mit dem Berner Filmemacher Michael Spahr den Dokumentarfilm "Buy More Incense" über indische und pakistanische MusikerInnen zweiter Einwanderergeneration in London produziert (2002). Neben wissenschaftlichen Artikeln und Beiträgen an internationalen Konferenzen ist Burkhalter auch als Kulturproduzent und freier Musikjournalist tätig. Er hat das Phänomen Musik eingehend studiert: Als Saxofonist an der Jazzschule in Bern, freier Musikjournalist (Neue Zürcher Zeitung, DRS2, SWR2, Die Zeit, etc.), Stiftungsrat der Schweizer Kulturstiftung Pro Helvetia, Konzertveranstalter und Touragent, und als Gründer des internationalen Netzwerkes norient.com – Independent Network for Local and Global Soundscapes (www.norient.com). Für die audio-visuelle norient-Performance «Sonic Traces: From the Arab World» hat Burkhalter mit norient 2008 den Medienkunstpreis Site-Mapping des Schweizerischen Bundesamts für Kultur gewonnen. Bei seinen verschiedenen Tätigkeiten hat er ein erhebliches Wissen nicht nur über Musik, sondern auch über Kulturmärkte, Kulturpolitik, Globalisierungs- und Lokalisierungsfragen erworben.

Der Vortrag wird am kommenden Donnerstag, dem 28. Januar 2010, um 18.00 Uhr im Raum P1.4.17 beginnen. Alle HochschulmitarbeiterInnen, StudentInnen und sonstig Interessierten sind herzlich eingeladen.

Ein <link fileadmin uni-aktuell pressefotos januar plakat_vortrag_thomas_burkhalter_28.01.januar.pdf _blank>Plakat steht zur Verfügung.

Foto: Dr. Thomas Burkhalter
Foto: Dr. Thomas Burkhalter