Sicher zielen mit Infrarot-Optik und Akustik-Signalen: Forscher der Universität Paderborn entwickeln Bogenschießanlage für blinde Sportler

Ein wichtiger Schritt für Inklusion im Sport: Im Paderborner Haxterpark wurde kürzlich eine Bogenschießanlage für blinde Sportler eingeweiht. Das mit Infrarot-Optik und Akustik-Signalen arbeitende System unterstützt die Sportler beim Erfassen des Ziels. Technisch entwickelt wurde die Anlage von Prof. Dr. Artur Zrenner und Informatikstudent Christopher Schrewing von der Universität Paderborn. Zrenner ist Inhaber des Lehrstuhls für Optoelektronik und Spektroskopie an Nanostrukturen.

Bislang waren blinde Sportler beim Bogenschießen während des Zielens immer auf Unterstützung von Menschen ohne Sehbehinderung angewiesen. Diese Hilfestellung übernimmt nun die Technik mit Mini-Kamera, Infrarot-Zielerfassung, Smartphone und Kopfhörer. An einem herkömmlichen Sport-Bogen wird ein Kästchen angebracht, das eine Kamera mit spezieller Infrarot-Optik enthält. Diese erfasst den Mittelpunkt der Zielscheibe. Zielt der Schütze zu weit rechts, wird das Tonsignal links im Kopfhörer lauter; umgekehrt gilt das für die andere Seite. Zielt er zu hoch oder zu tief, wird die Tonfrequenz niedriger. Ist der Ton im Kopfhörer auf beiden Seiten gleich laut und maximal hoch, ist der Pfeil in bester Schussposition. Individuelle Abweichungen lassen sich technisch korrigieren. Die reinen Materialkosten für das System liegen derzeit bei rund 250 Euro. Es funktioniert mit handelsüblichen Kopfhörern und Smartphones.

Prof. em. Wolf-Dietrich Brettschneider entwickelte die Idee für die Anlage

Die ursprüngliche Idee für die Anlage kam von Prof. em. Wolf-Dietrich Brettschneider, ehemaliger Sportwissenschaftler der Universität Paderborn. Prof. Dr. Nikolaus Risch, seinerzeit Präsident der Universität, begleitete den Förderantrag während seiner Amtszeit. Prof. Dr. Dr. Claus Reinsberger, Leiter des Sportmedizinischen Instituts der Universität Paderborn, brachte das Thema Inklusion wieder vermehrt auf die Tagesordnung. Das nun umgesetzte Projekt trägt den Namen „Optoelektronische Zieleinrichtung für eine barrierefreie blindentaugliche Bogenschießanlage“ und wird von Helmut Böhmer, Geschäftsführer der Haxterpark gGmbH, geleitet. Förderer ist die Essener Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung.

Bei der Einweihung der Anlage betonte Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper, Vizepräsidentin Bildung und Olympische Erziehung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB): „Hier zeigt sich, dass universitäre Forschung einen unmittelbaren Effekt auf den inklusiven Sport haben kann. Die Theorie hilft der Praxis, oder konkret: Physik ermöglicht es blinden Menschen, eine Sportart für sich zu entdecken. Paderborn erobert sich in jüngster Zeit eine Spitzenstellung im Inklusionssport.“ Projektleiter Helmut Böhmer unterstricht die gute Zusammenarbeit der am Projekt beteiligten Akteure: „Dass mit Prof. Dr. Artur Zrenner und dem Informatikstudent Christopher Schrewing zwei Wissenschaftler der Universität Paderborn beteiligt sind, ist ein perfektes Beispiel für gelebte Interdisziplinarität.“ Schrewing hatte seine Bachelorarbeit über das Projekt geschrieben.

Zur Einweihung der Bogenschießanlage testeten Bogenschützen mit und ohne Behinderung das System. Die ausgereifte Technik überzeugte sie. „Unser Ziel ist es seit vielen Jahren, Sportangebote zu schaffen, die Menschen ohne und mit Behinderung gleichermaßen nutzen können“, so Böhmer. Bislang gilt der Golfsport im Haxterpark als Paradebeispiel. Ab sofort gehört auch das Bogenschießen dazu.

Foto (Universität Paderborn, Heiko Appelbaum): Gruppenbild
Foto (Universität Paderborn, Heiko Appelbaum): Christopher Schrewing (Erster von links) assistiert dem Bogenschützen Dario Farruggio. Im Hintergrund v. l.: Prof. Dr. Nikolaus Risch, Prof. Dr. Artur Zrenner, Prof. Dr. Dr. Claus Reinsberger, Prof. em. Wolf-Dietrich Brettschneider (alle Universität Paderborn), Prof. Dr. Gudrun Doll-Tepper (DOSB), Bernhard Schaefer (stellvertretender Bürgermeister der Stadt Paderborn) und Helmut Böhmer (Haxterpark gGmbH).