Quang Trần

Quang Trần hat 2022 im Zwei-Fach-Bachelor Kunst und Kunstvermittlung sowie Mode-Textil-Design an unserer Universität seinen Abschluss gemacht. In beiden Fächern hat er als Studentische Hilfskraft gearbeitet und die Zeit an der Uni Paderborn „sehr genossen“. Mittlerweile hat der 29-jährige Alumnus die Leinwand gegen die menschliche Haut eingetauscht: Er macht eine Ausbildung zum Tätowierer in Köln. Obwohl er heute beruflich nicht in seinen Studienschwerpunkten arbeitet, ist er überzeugt, dass sich das Studium „absolut“ gelohnt hat: Die zwischenmenschlichen Erfahrungen, der fachliche Austausch mit Dozent*innen und das Wissen aus dem Studium sind in seinen Augen „unbezahlbar“. 

Nichts im Leben ist umsonst

Bevor Quang Trần zum Studium an die Uni Paderborn gekommen ist, hat er bereits in Augsburg und Marburg studiert. Für das Studium an der UPB hat er dann einige Semester länger gebraucht. Aber der Alumnus ist überzeugt, dass nichts im Leben „umsonst“ ist. Von allen Studienstationen „hallt noch etwas nach“. Das Semester Kunstgeschichte an der Uni Marburg hat ihm beispielsweise gezeigt, wie er heute ein Gemälde anschaut. Das ist für seine jetzige Tätigkeit des Tätowierens von großem Vorteil: „Ich analysiere ein Bild aus einem Automatismus heraus, um es dann in ein Tattoo-Motiv herunterbrechen zu können.“

 „Eigentlich wollte ich ja immer freischaffender Künstler werden, aber ich habe mich nicht getraut freie Kunst zu studieren – weil die Gesellschaft ja oft von der ‚brotlosen Kunst‘ spricht.“ Nach einem Semester hat sich der „Kompromiss“ Kunstgeschichte, um etwas „Anständiges“ im Bereich Kunst zu machen, nicht mehr richtig angefühlt. „Ich brauchte den praktischen Zugang, um Kunst besser zu verstehen und erleben zu können. Die UPB bot beide Zugänge – Kunsttheorie und -praxis – und, wenn ich ganz ehrlich bin, war die Bewerbungsfrist an der Uni Paderborn einfach noch nicht abgelaufen,“ erinnert sich der Alumnus schmunzelnd.

Obwohl der Schwabe aus Geislingen an der Steige heute beruflich nicht in seinen Studienschwerpunkten arbeitet, ist er überzeugt, dass sich das Studium „absolut“ gelohnt hat: Die zwischenmenschlichen Erfahrungen, der fachliche Austausch mit Dozent*innen und das Wissen aus dem Studium sind in seinen Augen „unbezahlbar“ – nicht nur für seine Arbeit.

Typisch Kunst-Studium an der UPB: per Du mit Dozent*innen, Grenzen meistern und mutig eigene Ideen vertreten 

Der Alumnus berichtet, dass der Kontakt zu den Dozierenden seines Studiengangs sehr offen gewesen ist. Zumindest im Institut war man per Du, eine flache Hierarchie war die Regel. Einige Hürden gab es aber trotzdem: Die Studienordnung und die Architektur des Institutsgebäudes haben Grenzen aufgezeigt. Der Raum im Silo war begrenzt und die Plätze in Praxis-Seminaren dadurch begehrt. Gerade als Studienanfänger hat er Dozent*innen als „unerreichbare Koryphäen“ wahrgenommen, deren Kunstverständnis manchmal konträr zu seinem gewesen ist. Ab dem dritten, vierten Semester verstand er die „Spielregeln“ dann besser und konnte auch eigene Vorstellungen durch- und umsetzen. „Meine Dozierenden haben es geschätzt, wenn Studierende persönliche Ideen vorgestellt haben und eigene Wege gehen wollten. Man musste einfach mutig sein, denn die Türen waren eigentlich immer offen – auch wenn man das Gefühl hatte, sie sind es nicht,“ erinnert er sich.

Große Freiheit in der Berufsplanung: Stress und Chance zugleich

Während des Studiums hatte er kein klares berufliches Ziel. Diese „Freiheit“ war zwar manchmal etwas „stressig“, aber eigentlich fand Quang Trần das gut: „Ich habe das Studium als Studium begriffen und nicht als Ausbildung.“ Gegen Ende des Bachelors hätte er sich vorstellen zu können zu promovieren oder als freischaffender Künstler zu arbeiten. Die unsichere finanzielle Perspektive der Promovend*innen an Hochschulen haben ihn von einer Promotion abgehalten und als freischaffender Künstler hätte er noch ein weiteres Studium absolvieren müssen. Viele seiner Kommiliton*innen haben sich einfach einen Job in der freien Wirtschaft „gesucht“ und sind mit „etwas Glück oder Beziehungen in den Beruf gestolpert, nachdem sie sich jahrelang durch unterbezahlte Praktika durchgeschlagen haben“. 

Späte Berufung: Ausbildung zum Tätowierer

Aus persönlichen und finanziellen Gründen hat er sich letztendlich für eine Ausbildung zum Tätowierer entschlossen. Seine Frau hatte ihn schon nach dem Abbruch des ersten Studiums – Jura in Augsburg – ermutigt, Tätowierer zu werden. „Hätte ich damals auf sie gehört, wäre ich schon lange fertig und fest im Beruf etabliert“, lacht Quang Trần. Nach mehreren Anläufen hat es mit der Bewerbung in einem Kölner Studio geklappt. Die Ausbildung zum Tätowierer sei aber nicht gesetzlich geregelt. Vor dem Finanzamt ist er schon jetzt „fertiger“ Tätowierer – was natürlich „Quatsch“ ist. 

Seine Studienerfahrungen im Bereich Malerei sind nicht direkt auf das Tätowieren übertragbar. Zwar ist das Verständnis von Kunst und Bildern gleich, die Herangehensweise aber völlig anders. So hat er in seiner Bewerbungsmappe viele verschiedene Stile „aber keine Skizzen“ präsentiert. „Am Körper muss jeder Strich sitzen, da kann man sich keine Unsicherheiten in der Strichführung erlauben, so wie das beim Zeichnen manchmal ist.“ Aktuell interessiert er sich in seiner Arbeit für ein breites Spektrum an Bilderwelten, um das Handwerk grundlegend zu erlernen. Später kann man sich dann auf einen Stil spezialisieren, um aus der Masse herausstechen.

Sein erstes Motiv hat er sich auf den eigenen Körper „sehr entspannt“ selbst gestochen. Das erste Tattoo für eine Kundin war dann doch etwas „respekteinflößender“. Im Rahmen seiner Ausbildung arbeitet er jede Woche vorgegebene Aufgaben ab: Er berät Kund*innen und erstellt Designs nach individuellen Wünschen, vereinbart und koordiniert Termine, pflegt den eigenen Tattoo-Social Media-Kanal, kümmert sich um die Kund*innen vor, während und nach den Sitzungen. Einen sich wiederholenden Alltag gibt es aber nicht, betont er. 

Für den UPB-Alumnus sind Tattoos längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen und ein Medium der persönlichen Selbstentfaltung – so wie Mode, Accessoires und Make-up: „Mit Tattoos zeigt man seiner Umwelt wer man ist und wofür man steht.“ Daher muss seiner Meinung nach das Tätowieren einen hohen künstlerischen und handwerklichen Standard erfüllen, professionell umgesetzt werden und für jedermann zugänglich sein. Bei der Wahl der Motive ist er natürlich nicht so frei wie in der Malerei, denn die Haut hat im Gegensatz zur Leinwand Grenzen. Ihm gefällt aber eigentlich (fast) jedes seiner bisher gestochenen Tattoos, denn er versucht immer einen „neuen Twist“ im Design einzubringen. 

Tipps für Studierende: sich um bürokratische Dinge kümmern und die Regelstudienzeit nicht zu ernst nehmen

Studierenden rät der Alumnus sich auch um bürokratische und vermeintlich „langweilige“ Dinge wie die Studienordnung zu kümmern. Die sollten sie kennen, um den Überblick über die geforderten Studienleistungen zu behalten. Das heißt aber natürlich nicht, dass man nicht „mehr“ machen sollte und kann. Wenn es persönlich machbar ist, sollten Studierende die Regelstudienzeit „über Bord werfen“, denn die ist von „seelenlosen Bürokraten“ gemacht worden. „Die macht keinen Sinn, insbesondere nicht im Bereich Kunst!“