Innovationsstrategie des Monats: Produktion auf neuestem technischen Stand

In der ganzen Welt genießen Autos, Maschinen, technische Anlagen und andere Produkte aus Deutschland einen ausgezeichneten Ruf. Die hohen Qualitätsstandards der Industrieprodukte „Made in Germany“ lassen sich nur mit immer neuen Entwicklungen der Produktionstechnologien halten. Und die Qualität sichert letztlich die Wettbewerbsfähigkeit.

Die nächtliche Autofahrt von Steckenborn und Woffelsbach in der Eifel gestaltete sich recht angenehm, zumal die Sicht besser denn je war. Der Lichtkegel der Scheinwerfer war optimal an die Straßenverhältnisse angepasst. Mit dem Lenken in die Kurve schwenkten auch die Scheinwerfer in Fahrtrichtung.

Auch wenn ich die Autofahrt fast körperlich miterlebte und die Straße dreidimensional sah, war sie doch nur virtuell. Im Kino des Heinz-Nixdorf-Forums in Paderborn erläuterte mir Jan Berssenbrügge, Wissenschaftler am Heinz-Nixdorf-Institut der Uni Paderborn, den Sinn der Simulation. Die Entwicklung einer neuen Scheinwerfergeneration ist sehr teuer. Zudem sind Probefahrten mit den neuen Scheinwerfern schwer auszuwerten. Also simuliert man die neuen Entwicklungen am Computer. Das System Virtual Night Drive visualisiert die Lichtverteilung der Scheinwerfer in Echtzeit in eine virtuelle Landschaft. Es simuliert die Auswirkungen der Fahrbewegungen auf die Leuchtrichtung der Scheinwerfer. Und das System ermöglicht die Simulation unterschiedlicher Lichtverhältnisse und Sichtbedingungen.


Realität, mehr als real

Virtuelle Simulationen sind heute so perfekt, dass sie gewaltige Erprobungskosten ersparen. Besonders spannend ist die Entwicklung derzeit bei der so genannten Augmented Reality ("Erweiterte Realität"). Auch auf diesem Gebiet sind die Forscherinnen und Forscher des Heinz-Nixdorf-Instituts ganz vorne mit dabei.

Als Erweiterte Realität bezeichnen sie die computergestützte Erweiterung der Wahrnehmung der tatsächlichen Umgebung. So kann ein Monteur, der komplizierte Kabelbäume in einem Flugzeug zu verlegen hat, alle Instruktionen per digitaler Einblendung in seine Brille sehen. Seine Wahrnehmung wird um virtuelle Informationen erweitert. Und noch mehr ist möglich: Eine Kamera überträgt den tatsächlichen Stand der Arbeiten an einen Computer, der diese sofort überprüft und den Monteur bei Fehlern warnt.


Robotik und Software

Die Beispiele zeigen: Der Computer wird immer mehr zu einem zentralen Element moderner Produktionstechnologien. Besonders wichtig ist dabei jener Rechner, der mit eigenen Armen Arbeiten schneller, präziser verrichtet als ein Mensch, und dabei nicht ermüdet: der Roboter.

Seit Jahren sind Industrieroboter  wichtige Hilfsmittel bei der Produktion von Waren. Bald soll die nächste Generation der programmierbaren Maschinen in die Unternehmen Einzug halten. Forscher entwickeln derzeit kleine, mobile Roboter, die sich für mittelständische Unternehmen eignen. Die Geräte sollen mittels neuartiger Sensoren das Sehen, Hören und Fühlen lernen. Ein integriertes Schutzsystem wird dafür sorgen, dass die Benutzer ohne Verletzungsgefahr mit dem Roboter umgehen können.

Roboter – nicht nur in der Großindustrie

Wer weiß, vielleicht benötigen die Roboter der zweiten Generation gar keine Programmierung mehr – sondern lernen ihre Aufgaben einfach durch Nachahmen. Selbst dann wird eine ausgeklügelte Steuerungssoftware aber eine Schlüsselaufgabe der industriellen Produktion bleiben.

Diese Software ist zwar heute schon meist sehr ausgefeilt, aber sie ist wenig anwenderfreundlich: Benutzer müssen sich gewöhnlich durch umfangreiche Softwarepakete wühlen und nutzen am Ende doch nur einen Bruchteil davon. Das soll sich ändern. Aus modularen Softwarepaketen können sich die Firmen künftig jene Programmteile herauspicken, die sie wirklich brauchen.


Alles wird kleiner: Laser, Mikro- und Nanotechnik

Zahlreiche technische Anwendungen lassen sich anhand von Spezialsoftware steuern – Lasergeräte zum Beispiel, bei denen Deutschland Weltmarktführer ist. Der Marktanteil hiesiger Laserstrahlquellen beträgt 40 Prozent. Mit den hochkonzentrierten Lichtquellen lassen sich etwa Kunststoffe und andere Materialien formen.

In einem Projekt gelang es erstmals, winzige Bauteile mit komplizierten Kanälen Stück für Stück aus einem metallischen oder keramischen Pulver aufzubauen (zu "sintern"). Mithilfe der hochenergetischen Lichtstrahlen kann man auch bohren, Oberflächen beschichten und Fugen erzeugen sowie Bauteile hochgenau vermessen.

Der Laser kommt auch in der Mikro- und Nanotechnologie häufig zum Einsatz – auf einem Gebiet also, das für viele Branchen eine Schlüsselrolle spielt. Mikro- und nanotechnologische Verfahren helfen zum Beispiel bei der Herstellung von Computerfestplatten, Katalysatoren oder miniaturisierten Chemielaboren. Und es gibt noch viele weitere Anwendungen für die Techniken des winzig Kleinen.

Einer der wichtigsten Trends in den Produktionstechnologien folgt dem Grundgedanken, der bei der Herstellung von Waren beherzigt werden sollte: dem der Nachhaltigkeit. Denn zunehmend müssen verarbeitende Unternehmen mit verknappten, teureren Rohstoffen auskommen. Nachhaltige Produktionstechniken gewinnen deshalb überall auf der Welt  an Bedeutung. Auf diesem Gebiet sind deutsche Firmen führend. Seien es Techniken des Leichtbaus, mobile Energiequellen oder ressourcensparende Produktionsabläufe – zahlreiche Forschungsprojekte  hierzulande beschäftigen sich mit der Steigerung der Effizienz.

Effiziente Produktionstechniken


Schutz vor Ideen- und Produktklau

Mit den geschilderten Techniken lassen sich immer neue Produkte entwerfen und herstellen. Doch der Weltmarkt, auf dem sich die Produkte behaupten müssen, hat auch seine Schattenseiten: Produktpiraterie etwa, also der Diebstahl von Konzepten und die Imitation von Markenprodukten. Der Schaden für die Wirtschaft, den Produktpiraten anrichten, ist beträchtlich.

Um den Betrug mit gefälschten Produkten zu unterbinden, fördert die Bundesregierung eine ganze Reihe von Forschungsprojekten. Dabei geht es vor allem um technische Lösungen. Zum Beispiel um Echtheitssiegel, sichere Produktionsverfahren und den Schutz des Know-hows.

Das Problem Produktpiraterie

Die Forschungsförderung der Bundesregierung dreht sich freilich vor allem um clevere Produktionstechnologien. Im Rahmenprogramm "Forschung für die Produktion von morgen" unterstützt der Bund zahlreiche Kooperationsprojekte zwischen Wirtschaft und Wissenschaft: Diese Projekte sollen dafür sorgen, dass der Erfindungsreichtum und die Produktivität des Landes auch in Zukunft nicht versiegen.

Quelle: http://www.bundesregierung.de/nn_1264/Content/DE/Artikel/2008/07/2008-07-01-hightech-serie-produktionstechnologien-haupttext.html

Foto (Heinz Nixdorf Institut Paderborn): Scheinwerfer perfekt simuliert
Foto (Heinz Nixdorf Institut Paderborn): Scheinwerfer perfekt simuliert