Ringvorlesung „Kulturwissenschaften im Dialog – eine Anstiftung zum transdisziplinären Gespräch“

Ort: J3.213

Imagination von Schreibenden und Lesenden in qualitativen Forschungsprozessen

Dr. Julia Diederich (Sachunterrichtsdidaktik, Graduiertensprecherin) und Dr. Anda-Lisa Harmening (Komparatistik, Graduiertenzentrum) veranstalten im Sommersemester 2023 die Ringvorlesung „Kulturwissenschaften im Dialog – eine Anstiftung zum transdisziplinären Gespräch“. Im Rahmen der Veranstaltung sollen unterschiedliche wissenschaftliche Perspektiven einander im Dialog herausfordern und somit ihre Modifikation, Veränderung, Vertiefung oder Erweiterung fördern. Neben konkreten Projektbesprechungen geht es auch um das (Selbst-)Verständnis als Kulturwissenschaftler*in.

Jede Sitzung besteht aus einem Impulsvortrag und einem Responsevortrag. Am Dienstag, 6. Juni, referieren:

Impuls: Dr. Andrea Karsten (Kognitive Psychologie und Psychologiedidaktik, Kompetenzzentrum Schreiben)

Response: Prof. Dr. Antje Langer (Schulpädagogik mit dem Schwerpunkt Geschlechterforschung)

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In diesem dialogisch gestalteten Vortrag befassen sich die Teilnehmenden mit der Frage, wie Schreibende und Lesende beim Verfassen und Rezipieren von Texten, die im Verlauf qualitativer Forschungsprozesse entstehen, imaginiert werden. Hierfür gehen sie in einem ersten Schritt zunächst allgemeiner darauf ein, wie Vorstellungen von schreibenden und lesenden Personen in die Textproduktion eingehen und Texte mitkonstituieren. Welche Rolle spielt die Imagination von Schreibenden und Lesenden für den Prozess des Schreibens? Anhand von Material aus Interviews mit Schreiber*innen aus verschiedenen Feldern (u.a. Schule, Wissenschaft) wird gezeigt, welche konkreten und generalisierten Bilder von Leser*innen diese beim Schreiben „im Kopf“ haben und die Rolle von Idealvorstellungen und Normen im jeweiligen Feld herausgearbeitet. Es werden dann zwei theoretische „Brillen“ vorgestellt, mit deren Hilfe die Imaginationsprozesse der Schreibenden analysiert und interpretiert werden können.

In einem zweiten Schritt befassen sich die Teilnehmenden am Beispiel der Ethnographie und ihrer Reflexion der eigenen disziplinären Schreibpraktiken spezifischer mit dem Schreiben in qualitativen Forschungsprozessen. Anhand zweier Momente im qualitativen Forschungs- und Schreibprozess – dem Schritt vom Protokoll zum wissenschaftlichen Text und dem Schritt von der Peer-Review zur Überarbeitung einer Publikation – wird an konkreten Beispielen beleuchtet, wie die Haltung von Schreibenden zu ihren imaginierten Leser*innen bzw. die Haltung von Lesenden zu den von ihnen imaginierten Schreiber*innen verhandelt wird. Mit einem Ausblick auf die Frage, welche Rolle schließlich die Imagination und textuelle Konstruktion der Personen, über die in qualitativer Forschung geschrieben wird – also Studienteilnehmer*innen oder Akteur*innen des Feldes – spielen, und damit auf eine forschungsethische Dimension des Schreibens in der Wissenschaft, endet der Vortrag.