Durch Sensoren in Alltagskleidung Bewegungen von Patienten überwachen

 |  Forschung

Operationen, Unfälle, Krankheiten: Die Gründe für Hüft- oder Knieleiden sind vielfältig. Falsche Bewegungsmuster sind häufig nicht nur Ursache, sondern auch Ergebnis orthopädischer Missstände. Zwar gibt es spezialisierte Zentren, in denen Ganganalysen zur Problemidentifikation durchgeführt werden, eine anschließende dauerhafte Beobachtung der Patient*innen war bislang aber nicht möglich. Um das zu ändern, entwickelt ein Forscherteam, zu dem auch der Sportpsychologe Prof. Dr. Matthias Weigelt von der Universität Paderborn gehört, Sensoren, die in die Kleidung der Patient*innen integriert werden und so eine Fernbetreuung erlauben. Das Vorhaben wird bis 2022 mit rund 2,1 Millionen Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördert.

Telemedizin mit direktem Feedback

Das mobile System, das die Alltagsbewegungen kontinuierlich misst, ermöglicht nicht nur die konstante Beobachtung durch den Arzt, sondern gibt den Patient*innen gleichzeitig direktes Feedback: „Gerade nach Operationen ist es wichtig, Heilungsprozesse genauestens zu beobachten und vor allem auch gezielt zu steuern. Dazu gehört u. a. die Ganganalyse. Falsche Bewegungsabläufe oder mit der Zeit angeeignete Schonhaltungen können auf Dauer zu schwerwiegenden Folgeschäden führen. Deshalb entwickeln wir beim Projekt „RehaToGo“ auf Basis von RFID-Technik ein Fernkontrollsystem, das die Bewegungen der Arme und Beine beim Laufen erfasst. Das Besondere: Rückmeldung von Behandlern gibt es online auf das Smartphone über eine App. Die Therapie kann so nach dem Klinikaufenthalt im Alltag der Patientinnen und Patienten fortgesetzt werden“, erklärt Prof. Weigelt.

RFID-Technik steht für „Radio Frequency Identification“ und bezeichnet eine Technologie für Sender-Empfänger-Systeme, die Objekte mithilfe von Radiowellen lokalisieren. Bei RehaToGo werden Etiketten mit integrierten RFID-Sensoren in die Kleidung eingenäht. Miniatur-Lesegeräte können dann die Bewegungsmuster ihrer Träger erfassen und verarbeiten.

Signale machen auf falsche Bewegungen aufmerksam

Die Herausforderung zur Erweiterung der orthopädischen Rehabilitation besteht u. a. darin, ein auditives Online-Bewegungsfeedback mittels Sonifikation, also der akustischen Darstellung von Daten, zum individuellen Bewegungslernen in das mobile Messsystem zu integrieren. Auf eine Testphase im stationären Betrieb an der Klinik Lindenplatz im nordrhein-westfälischen Bad Sassendorf folgt der ambulante Bereich. Dazu Weigelt: „Verschiedene Signale sollen die Nutzer auf Fehlhaltungen aufmerksam machen. Wir gehen davon aus, dass entsprechende Lernprozesse schnell einsetzen und so zu langfristigen Verbesserungen führen. Unter standardisierten Laborbedingungen werden Mess- und Feedbacksystem aufeinander abgestimmt.“

Zum Konsortium gehören neben der Universität Paderborn und der Klinik Lindenplatz in Bad Sassendorf die Ruhr-Universität Bochum, das Fraunhofer-Institut für Hochfrequenzphysik und Radartechnik, die Firma Unyt, die Universität Duisburg-Essen, die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, das Universitätsklinikum Essen und die Firma Luttermann. Die Federführung liegt bei der Firma „ID4us“.

Nina Reckendorf, Stabsstelle Presse und Kommunikation

Foto (Universität Paderborn): Beim Forschungsprojekt "RehaToGo" werden Sensoren entwickelt, die eine konstante Beobachtung von Patienten ermöglichen und so Therapierfolge verbessern sollen.

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