Schnellere Hil­fe im Kata­strophen­fall

Universität Paderborn leitet EU-Projekt zum Einsatz sozialer Medien in Notfallsituationen

Wenn Flüsse über ihre Ufer treten, großflächige Stürme Schäden anrichten oder andere Ereignisse zu einer großen Zahl von Betroffenen führen, ist es wichtig, Menschen für eine bessere Erfassung der Gesamtlage zu akquirieren, Betroffene bei ihrer Selbsthilfe zu unterstützen und zusätzliche freiwillige Helfer aus der Bevölkerung zu koordinieren. Im digitalen Zeitalter verändern sich die Prozesse, die beim Krisenmanagement in Gang kommen. Wie insbesondere soziale Medien im Katastrophenfall zu schnellerer Hilfe führen können, zeigt ein EU-Projekt, das von der Universität Paderborn geleitet wird. 

Das Forschungsvorhaben „EmerGent“ (Emergency Management in Social Media Generation) läuft seit April 2014 und untersucht den Einfluss von sozialen Medien (z. B. Facebook oder Twitter) auf Notfallsituationen. Es ist eines von insgesamt drei EU-Projekten des Fachgebiets „Computeranwendung und Integration in Konstruktion und Planung“ (C.I.K.) der Universität Paderborn. Ziel dieser Untersuchung ist es, neue Kommunikationskanäle in die Prozesse des Notfallmanagements einzubinden.
 

Spontane Hilfe durch Facebook

Bereits im März dieses Jahres veröffentlichte EmerGent eine Studie, die gezeigt hat, dass die Mehrheit der Einsatzkräfte von Rettungsdienst, Feuerwehr und Polizei in Europa der Nutzung sozialer Medien zur Bewältigung einer Krise positiv gegenübersteht. Befragt wurden rund 700 Mitarbeiter aus dem Notfalldienst in 27 Ländern. Ziel war eine Identifikation der Faktoren, die die Nutzung sozialer Medien in Notfallorganisationen beeinflussen. Die Studien haben auch belegt, dass sich in Krisenfällen Ad-hoc-Gemeinschaften, also spontan entstehende Gruppen, in den sozialen Medien bilden, die aktuelle Informationen verbreiten und so zu einer schnelleren Lösungsfindung und potentieller Hilfestellung vor Ort führen können. Beispiele für solche Zusammenschlüsse sind das Elbe-Hochwasser aus dem Jahr 2013 oder der Hurrikan Sandy 2012. Hashtags und neue Facebook-Seiten liefern gebündelte Informationen und sind somit wertvolle Hilfsmittel. Auf lange Sicht sollen Behörden und Organisationen besser mit diesen Gemeinschaften vernetzt werden.

Aktuell analysieren die zehn Partner im Projekt einen weiteren Faktor: Diesmal untersuchen sie die Erfahrungen und Reaktionen der Bürger auf den Einsatz sozialer Medien bei Katastrophen. Erste Ergebnisse werden voraussichtlich im Herbst 2015 veröffentlicht.

Für die Studien entwickelt EmerGent neue Tools, das sind PC-Werkzeuge oder Programme, die u. a. innovative Methoden des Data Mining – also die automatische Auswertung von Daten – implizieren. Dieses ist notwendig, da die Kommunikation zwischen Bürgern und Notfalldiensten mit riesigen Datenmengen einhergeht. Im März 2017 soll das Projekt abgeschlossen sein. Insgesamt hat die EU für „EmerGent“ 3,3 Millionen Euro zur Verfügung gestellt.

Weitere Informationen: www.fp7-emergent.eu
 

Text: Nina Reckendorf

Foto (Feuerwehr Dortmund/Montage: Maaß): Soziale Medien können in Notfallsituationen zu schneller Hilfestellung vor Ort führen.
Foto (Feuerwehr Dortmund/Montage: Maaß): Soziale Medien können in Notfallsituationen zu schneller Hilfestellung vor Ort führen.