Individuelle Förderung, Inklusion, Integration

Presse 3i                                                                                                                       12/07/2015

Paderborn, 4.12.2015. Aufbruchstimmung im Department 5 beim Kompetenzteam um Prof. Dr. H. Hugo Kremer, der mit Unterstützung von Dr. Petra Frehe, Marie-Ann Kückmann und Heike Kundisch beim neuen Projekt „3i“ den Kurs angibt. Mit im Boot sitzen Ute Wohlgemuth vom Ministerium für Schule und Weiterbildung NRW und Vertreter zahlreicher Berufskollegs aus NRW.

Individuelle Förderung, Integration und Inklusion sind drei Schlagworte, die aktuell die Arbeit der Berufskollegs bestimmen. Mit dem InBig-Nachfolgeprojekt haben es sich die Paderborner Bildungsexperten auf die Fahnen geschrieben, die Berufskollegs bei der Bewältigung dieser schwierigen Aufgaben tatkräftig zu unterstützen. 3i steht für: „Professionelle Bildungsgangarbeit zur individuellen Förderung, inklusiven Bildungsarbeit und sozialen Integration.“ Worum es dabei geht, skizziert Prof. Kremer: „3i qualifiziert jeweils standortspezifisch über das Format einer Kollegialen Qualifizierung alle didaktisch-pädagogisch Handelnden im Berufskolleg – Lehrkräfte, Sozial- und Sonderpädagogen, Werkstattlehrer und Psychologen. Eine Innovationsarena unterstützt BK-übergreifend und verdichtet gesammelte Erfahrungen und Erkenntnisse zur Nutzung aller Beteiligten. Schwerpunkte bei unserem Vorgehen liegen in der Stärkenorientierung bzgl. einer heterogenen Zielgruppen und in multiprofessioneller Teamarbeit der Lehrkräfte (mpT).“

Umdenken ist gefordert

Bei der Fachtagung am 26./27.11.2015 in Soest leitete Kremer in seiner Einführung den Inklusionsbegriff aus dem Gegensatzpaar „Exklusion – Separation und Inklusion – Integration her unter der These: „Inklusion heißt Systemveränderung“. Wie bei einer geschlechtergemischten Fußballmannschaft könne man ein effizientes Team nur durch Regelveränderung aufstellen, „das wird grundsätzlich ein anderes Spiel sein“. Der derzeit beherrschende gesellschaftliche Diskurs um Integration und Inklusion zwinge zum Umdenken und zum Abschneiden alter Zöpfe. Dabei fühlen sich die Berufskollegs durchaus unterschiedlich aufgestellt: „Inklusion haben wir schon lange“, postulierten die einen Lehrkräfte, „Inklusion kann von den BKs nicht geleistet werden“, sagten die anderen. Tatsächlich werde derzeit versucht, Inklusion ins bestehende, strukturell nicht inklusiv ausgerichtete Berufskollegsystem einzupassen. Fazit: „Eine echte Inklusion mit den derzeitigen Systemen führt zu Brüchen!“

Multiprofessionelle Teamarbeit: Schlüssel zum Erfolg?

Marie-Ann Kückmann, die sich von wissenschaftlicher Seite her den Themen multiprofessionelle Teamarbeit und Inklusion widmet, beschrieb die Berufskollegs als heterogene Systeme, deren Umfang durch die aktuelle Inklusionsdiskussionen zunehmen werde und deutete bereits eine Lösung an: „multiprofessionelle Teamarbeit kann die Implementation von Inklusion in die BK-Systeme wirksam unterstützen!“ Diese verlaufe u. a. im Spannungsfeld von Aktivität vs. Reaktivität, Kontinuität vs. Diskontinuität und (multiprofessionelle) Kooperation vs. (multiprofessionelle) Koordination. Die Frage für die künftige Zusammenarbeit im Projekt laute aus ihrer Sicht: „Können sich die unterschiedlichen Professionen wirksam unterstützend im Team einbringen?“

Prof. Kremer nahm diesen Faden auf und forderte eine klare Bestimmung der Rollen und Erwartungshaltungen der BK-Teams und problematisierte dies: „Ist es möglich, dass z.B. ein Sozialarbeiter auch Bildungsgangleiter werden kann?“ 3i werde, so seine Einschätzung, die Problematik vor Augen führen und Lösungswege aufzeigen!

Ausbildungsvorbereitung als zu profilierender Bereich am Berufskolleg?

Dr. Petra Frehe, verantwortliche Mitarbeiterin für Projektleitung und -koordination, fasste in ihrem Beitrag die Aufgaben der Ausbildungsvorbereitung (AV) zusammen und betonte deren hohen Stellenwert: „Die Ausbildungsvorbereitung im derzeitigen Zustand verfolgt hohe und teilweise divergente Zielsetzungen: Es geht um eine Reparatur- und Nachqualifizierungsfunktion und gleichzeitig um eine berufliche Qualifizierungsfunktion. Aufgabe ist es dabei, sowohl den Anforderungen der Arbeitswelt gerecht zu werden als auch die Bedürfnisse des / der einzelnen Lernenden aufzunehmen. Lehren und Lernen findet demnach in Spannungsfeldern statt. Für diese Aufgabe sind Lehrende aus- und weiterzubilden. Die Projektgruppe diskutiert in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Ausbildungsvorbereitung als eigenständiger Bereich beruflicher Bildung zu profilieren ist, der möglicherweise auch eine eigenständige Didaktik mitführt.

Danach kamen die Vertreter der Berufskollegs zum Zuge und stellten in einer „didaktischen Messe“ ihre Situation, Wünsche und Zielvorstellungen dar. Dabei wurde einmal mehr deutlich, wie unterschiedlich die Positionen und Erwartungen sind. Für Prof. Kremer die klare Bestätigung, dass man mit der bereits beim Projekt InBig geforderten Individualisierung und dem aktuell von den Wissenschaftlern empfohlenen regionalspezifischen Handling der Aufgaben richtig liege. Parallel zu der Fachtagung und teilweise darin eingebettet fand unter der Leitung und Moderation von Heike Kundisch ein zweitägiger Workshop der kollegialen Qualifizierung für Bildungsganggestalter statt. Die kollegiale Qualifizierung unterstützt die Vertreterinnen und Vertreter der Berufskollegs bei der Erfüllung ihrer Rolle als Gestalter in ihrer Bildungsgangarbeit und bereitet sie auf die Umsetzung der individuellen Projekte in der Ausbildungsvorbereitung vor. Der moderierte kollegiale Austausch als Merkmal der Qualifizierung lässt die Bildungsgangteams über ihren Tellerrand schauen und fördert den Transfer von Wissen und Umsetzungsideen über die Grenzen der Berufskollegs hinaus. Neben der Vermittlung von Inhalten zu Themen wie Projektmanagement, Lehrergesundheit oder Teamentwicklung etc., hat die kollegiale Qualifizierung für Bildungsganggestalter ein fortbestehendes Netzwerk der Berufskollegs zum Ziel.

Siehe auch https://www.uni-paderborn.de/cevet/forschung/aktuelle-projekte/3i/