Of­fi­zi­el­ler Start­schuss: Auf­bau ei­nes In­sti­tuts für Is­la­mi­sche Theo­lo­gie an der UPB

„Wichtiger Schritt, um Lehramtsstudiengänge für Islamische Religionslehre einzurichten“

Am Freitag, 29. März, übergab Thomas Rachel MdB, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF), den offiziellen Zuwendungsbescheid über 2,3 Millionen Euro zum Aufbau des Instituts für Islamische Theologie an der Fakultät für Kulturwissenschaften an die Präsidentin der Universität Paderborn, Prof. Dr. Birgitt Riegraf. Das Institut soll einerseits Forschungsarbeit aus muslimischer Sicht im Bereich der Koranexegese – also der Interpretation des Korans –, der systematischen Theologie, der Normenlehre und der Religionspädagogik leisten. Andererseits sollen Studiengänge für die Ausbildung von Lehramtsstudierenden entwickelt werden. Dabei wird die enge Verzahnung der islamischen Theologien mit den christlichen Theologien und den jüdischen Studien, aber auch mit allen anderen Fächern der Fakultät für Kulturwissenschaften ein besonders Kennzeichen des neuen Standorts sein. Der Studiengang wird dabei auf viele Jahre der intensiven interdisziplinären Zusammenarbeit über Religionsgrenzen hinweg am Zentrum für Komparative Theologie und Kulturwissenschaften aufbauen können.

Prof. Dr. Birgitt Riegraf betonte bei ihrer Begrüßung, dass damit ein großer Schritt in Richtung des weiteren Ausbaus der komparativen Theologie und der Ausbildung von Lehramtsstudiengängen für Islamische Religionslehre getan sei. „Es ist ein großartiger Erfolg für die Universität Paderborn. Er bestärkt uns in unseren Bemühungen, die Theologien miteinander ins Gespräch zu bringen und das Lehramt im Bereich der Islamischen Theologie aufzubauen“, so Riegraf weiter. Juniorprofessorin Dr. Muna Tatari vom Seminar für Islamische Theologie: „Ich freue mich sehr, dass die bisher geleistete Aufbauarbeit der Islamischen Theologie mithilfe der Förderung weiter ausgebaut und verstetigt werden kann. Wir sind damit unserem Wunsch, Lehramtsstudiengänge für Islamische Religionslehre einzurichten, einen wichtigen Schritt nähergekommen“.

Der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Rachel betonte: „Der Aufbau der islamischen Theologie und insbesondere die Stärkung der Religionspädagogik wird das Profil der Universität Paderborn bereichern. Die Nähe zu den Theologien anderer Konfessionen hier ist vielversprechend. Deshalb fördert das Bundesbildungsministerium zwei Professuren und eine Nachwuchsgruppe zur Gründung des Instituts für Islamische Theologie. Mit dem Institut findet der muslimische Glauben eine akademische Heimat an der Universität Paderborn und eine weitere Stimme in der wissenschaftlich-theologischen Debatte.“

Weitere Informationen zum Aufbau des Instituts für Islamische Theologie an der Fakultät für Kulturwissenschaften an der Universität Paderborn

Die Universität Paderborn mit ca. 7.200 Lehramtsstudierenden (bei insgesamt ca. 20.300 Studierenden) arbeitet bereits seit 2010 intensiv an der Etablierung Islamischer Theologie, um damit die Grundlagen für die Einrichtung des Lehramtsfaches „Islamische Religionslehre“ zu legen. Seit 2015 sind die entsprechenden universitären Strukturen aufgebaut worden. Derzeit sind in der Islamischen Theologie eine Juniorprofessorin und fünf wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Universität angestellt, die schon jetzt beachtliche Beiträge zur Forschung und Lehre leisten. Die Universität möchte diese Strukturen mit der beantragten Förderung durch das BMBF ausbauen und mithilfe des Landes Nordrhein-Westfalen verstetigen. Zugleich sollen auf diese Weise die bestehenden Forschungsverbünde gestärkt und diversifiziert werden. Auf dieser Basis soll ein Studiengang für Islamische Religionslehre für das Lehramt an Grundschulen, Haupt-, Real-, Sekundar- und Gesamtschulen (GHRSGe) begonnen werden. Dadurch kann die einzigartige religionsübergreifende Forschungssituation in Paderborn mit ihrer intensiven Zusammenarbeit von evangelischer, katholischer, jüdischer, sunnitischer und schiitischer Theologie verstetigt und vertieft werden.

Inhaltliches Konzept

Die Islamische Theologie an der Universität Paderborn soll im Wesentlichen durch vier Charakteristika ausgezeichnet sein:

  1. Erstens soll sie dazu beitragen, ein spezifisch europäisches Profil muslimischer Gelehrsamkeit auszubilden. Sie soll basierend auf präziser philologischer und historisch-kritischer Forschung an den normativen textlichen Grundlagen muslimischer Tradition ein besonderes systematisches Profil ausbilden, das die konstruktive Auseinandersetzung mit den philosophischen und kulturwissenschaftlichen Traditionen Europas in den Mittelpunkt der eigenen Forschung stellt. Der Koran soll hier als Text der Spätantike sichtbar werden, der in die zentralen Traditionen Europas eingebettet ist und einen wesentlichen Debattenbeitrag zu ihnen leistet. Auch die moderne Rekonstruktion und Erneuerung muslimischen Denkens soll im Wesentlichen im Dialog mit europäischen Traditionen der Geistesgeschichte profiliert werden.
  2. Zweitens soll die Forschung zum Islam in Paderborn stark interdisziplinär und komparativ ausgerichtet sein. Die nur in Paderborn bestehende anfängliche Entwicklung der Islamischen Theologie im Kontext der Komparativen Theologie soll genutzt werden, um die Islamische Theologie in einem dichten Netz inneruniversitärer Beziehungen weiterzuentwickeln und interdisziplinär gesprächsfähig zu machen. Insbesondere das konstruktive Engagement im Gespräch der Religionen soll dabei Kennzeichen Islamischer Theologie in Paderborn werden.
  3. Drittens soll die Paderborner Islamische Theologie deutlich in die muslimische Welt und in die internationale Forschung vernetzt sein. Das bedeutet zum einen eine positive Anknüpfung an die traditionelle Gelehrsamkeit, entsprechend ein Zugehen auf traditionell forschungsstarke Universitäten der muslimischen Welt, aber zugleich eine sichtbarere intensive Zusammenarbeit mit herausragenden Universitäten in der westlichen Welt.
  4. Viertens soll die Islamische Theologie insgesamt eine forschungsorientierte Form von Lehre entwickeln und sich in ihren Themen und ihrem Profil von den Anforderungen des schulischen Religionsunterrichts leiten lassen. Es werden also in besonderem Maße Themen verhandelt, die auch für den schulischen Kontext relevant sind, sowie die besondere liberale Dynamik von auf die Lehrerausbildung ausgerichteten Instituten genutzt, um dem Islam eine zeitgemäße Gestalt zu geben und um theologische Innovationen voranzutreiben. Fachwissenschaftliche Themenstellungen werden also immer auch in ihrer fachdidaktischen Relevanz in den Blick genommen und im Sinne der Professionalisierung angehender muslimischer Religionslehrkräfte vermittelt.

Hintergrund dieses vierten Charakteristikums, das einen deutlichen Unterschied zur Universität Münster markiert, ist die Tatsache, dass sich die Universität Paderborn an der Fakultät für Kulturwissenschaften stark auf die Lehramtsausbildung konzentriert. Sie bietet alle in Nordrhein-Westfalen möglichen Schulstufen für Lehramtsstudiengänge an und verfügt mit dem „Zentrum für Bildungsforschung und Lehrerbildung – PLAZ-Professional School“ über eine Einrichtung, die die Qualitätssicherung in Forschung und Lehre besonders in den Blick nimmt und die hohes Ansehen genießt.

Schon lange arbeitet die Universität darauf hin, einen Lehramtsstudiengang in der Islamischen Religionslehre zu entwickeln. Ihr Weg geht bereits seit vielen Jahren über die Forschung in Islamischer Theologie und diesen Weg möchte sie nach Möglichkeit fortsetzen. Voraussetzung hierfür ist eine klare Ausdifferenzierung der Islamischen Theologie in verschiedene Fachgebiete, die jeweils ein eigenes Forschungsprofil entwickeln und sich mit diesem Profil in Orientierung an benachbarten Disziplinen in die Fakultät hinein vernetzen.

Foto (Universität Paderborn, Simon Ratmann): V. l.: Prof. Dr. Birgitt Riegraf, Jun.-Prof. Dr. Muna Tatari und Thomas Rachel freuen sich über die Übergabe des Zuwendungsbescheids zum Aufbau des Instituts für Islamische Theologie.

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