Neu­es For­schungs­pro­jekt: Al­go­rith­men un­ter­stüt­zen Schü­ler*in­nen beim Ar­gu­men­tie­ren

 |  Forschung

Digitale Technologien verändern die klassischen Formen des Lernens. Deshalb werden von bildungspolitischer Seite eine zunehmende Digitalisierung der Schulbildung und die Entwicklung entsprechender digitaler Angebote gefordert. Im deutschsprachigen Raum steckt das allerdings noch in den Kinderschuhen: Die üblichen Anwendungen gehen selten über Multiple-Choice-Tests und vergleichbar simple Aufgaben hinaus. Ein zentraler Bestandteil der schulischen Bildung ist – sowohl klassen- als auch fächerübergreifend – das argumentative Schreiben. „Durchdachte und zeitgerechte Lernformen sind gerade in diesem Bereich besonders wichtig“, sagt Jun.-Prof. Dr. Henning Wachsmuth von der Universität Paderborn. Der Informatiker leitet zusammen mit Prof. Dr. Sara Rezat, ebenfalls Universität Paderborn, ein neues Forschungsprojekt zum computergestützten Lernen. Die Wissenschaftler untersuchen, wie algorithmische Methoden Schüler*innen beim Erwerb schriftlicher argumentativer Kompetenzen unterstützen können. Das Vorhaben wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ab Dezember für eine Dauer von drei Jahren mit rund 540.000 Euro gefördert.

Entwicklungsstände identifizieren

Wachsmuth erklärt: „Die Anwendungen sollen argumentative Texte automatisch analysieren, um auf dieser Basis Feedback zu gelungenen und ausbaufähigen Aspekten zu geben und Verbesserungsvorschläge zu machen.“ Bei den Methoden geht es um die Struktur argumentativer Texte, die Bewertung der Entwicklungsstände von Schüler*innen und um an den Entwicklungsstand angepasstes Feedback. Die Untersuchung der Inhalte und deren Beziehung zu Quellen sehen die Wissenschaftler als weiterführende Arbeit an. Die Algorithmen sollen letztendlich sowohl Schüler*innen als auch Lehrende unterstützen.

Unterstützung bei der Meinungsbildung und Argumentstruktur

„Die Auseinandersetzung mit Gegenpositionen ist ein wichtiger Meilenstein in der Entwicklung des argumentativen Schreibens. Studien zum Erwerb zeigen aber immer wieder, dass dieser Aspekt für viele Schülerinnen und Schüler eine Hürde darstellt. Insbesondere dafür sollen algorithmische Methoden entwickelt werden, die eigene Positionen, Begründungen und Gegenpositionen in Texten erkennen und darauf aufbauend den Entwicklungsstand bewerten“, erklärt Rezat vom Institut für Germanistik und Vergleichende Literaturwissenschaft. „Die Ergebnisse dieser Analysen dienen dann als Input für Methoden, die ein entwicklungsstandspezifisches und schülersensitives Feedback generieren. So könnten Schüler*innen etwa auf fehlende Gegenpositionen hingewiesen werden wie auch auf mögliche Textstellen, bei denen sich diese einfügen ließen“, ergänzt Wachsmuth. Der Informatiker ist auch an einem weiteren DFG-Forschungsprojekt beteiligt, bei dem Begründungen in Texten automatisch und objektiv mithilfe von maschinellem Lernen zusammengefasst werden. Die Grundlage dafür bildet die von Wachsmuth entwickelte Suchmaschine „args.me“, die bereits seit 2017 online ist und Pro- und Kontraargumente zu Suchthemen gegenüberstellt, um die selbstbestimmte Meinungsbildung zu unterstützen.

Möglichkeiten und Grenzen des Möglichen

Im Zuge der Studien erstellen die Wissenschaftler ein deutschsprachiges Korpus, also eine digitale Textsammlung, mit rund 1500 händisch annotierten argumentativen Lernertexten dreier Altersgruppen. Dieses soll auch in Zukunft als Basis für weiterführende Untersuchungen dienen und der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. In der qualitativen Auswertung werden die Methoden mit didaktischem Wissen zusammengebracht, um so die Möglichkeiten und Grenzen entwicklungsorientierter Schreibunterstützung zu bestimmen, sowohl in technischer als auch in sozialer Hinsicht. Mit ersten aussagekräftigen Ergebnissen rechnen Wachsmuth und Rezat in der zweiten Jahreshälfte 2022.

Symbolbild (Universität Paderborn, Jennifer Strube): Paderborner Wissenschaftler untersuchen, wie algorithmische Methoden Schüler*innen beim Erwerb argumentativer Kompetenzen unterstützen können.

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Prof. Dr. Henning Wachsmuth

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