attac-Hochschulgruppe Paderborn zur Rekommunalisierung der Strom- und Gasnetze

Nun ist es also soweit, die Verträge für die Übernahme der E.ON-Netze durch einen kommunalen Verbund sind fertig. Jetzt müssen die jeweiligen Räte in den betroffenen Kommunen nur noch zustimmen und dann ist alles unter Dach und Fach.

Doch die Nachrichten, die die Übernahme begleiten, sind besorgniserregend. Aus dem Rat dringt die Rede vom Nichtverstehen der komplexen Gutachten, man scheint sich blind auf angebliche Experten auf dem Gebiet verlassen zu wollen.

Abweichler sollen mit dem Beschwören einer „historischen Chance“ auf Kurs gehalten werden. Das hört sich fast schon alternativlos an, aber ist es das wirklich?

Interessanterweise werden in zwei Kommunen, in Bad Oeynhausen und in Marsberg, die Bürger/innen per Volksbegehren in die für sie so weit reichenden Fragen einbezogen. Attac Paderborn fordert auch für Paderborn einen Bürgerentscheid zu dieser Frage. Es kann nicht sein, dass die aus Steuergeldern finanzierten Gutachten, auf denen die Übernahmeverträge basieren, den Bürgern zur Meinungsbildung vorenthalten werden.

In diesem Zusammenhang weist attac Paderborn auch mit Nachdruck Bürgermeister Paus‘ Argument zurück, das im Folgenden aus einem Schreiben an die attac-Gruppe vom 27.03.2013 zitiert werden soll und auf der Homepage der attac Gruppe im Zusammenhang nachzulesen ist (http://www.attac-paderborn.de/aktionen-termine/demokratischerrueckkauf):

Zitat Heinz Paus: „Bei der Forderung von mehr Transparenz durch Offenlage von Gutachten und weiterer wirtschaftlicher Eckdaten ist Ihnen offenbar nicht ausreichend bewusst, dass es sich bei dem Vorgang um einen Unternehmenskauf handelt. Das Ergebnis könnte auch sein, dass der Ankauf nicht erfolgt. Daher ist die nachvollziehbare Forderung der E.ON Westfalen Weser AG zur vertraulichen Behandlung relevanter Daten zu respektieren.“

Man braucht zur Widerlegung des Arguments von Bürgermeister Paus in diesem Zusammenhang nur auf das Hamburger Transparenzgesetz zu verweisen, das am 6. Oktober 2012 in Kraft trat. Dieses sieht die Veröffentlichung von Verträgen, Gutachten und Daten über städtische Beteiligungen ausdrücklich vor. Das Beispiel reicht aus, um ablesen zu können, wie viel Offenheit mit etwas gutem Willen möglich ist. Selbst wenn einige Details der Gutachten möglichweise unter Verschluss bleiben müssen, ist eine komplette Nichtveröffentlichung dennoch völlig inakzeptabel – und wenn diese am Anfang vereinbart wurde, ist neu zu verhandeln.

Und Zweifel an den Gutachten müssen aufkommen, wenn man hört, dass E.ON in die Netze derzeit jährlich 50 Mio. Euro investiert und die neue kommunale Betreibergesellschaft bereits jetzt schon ankündigt, diesen Betrag um 20 % auf 60 Mio. Euro aufstocken zu wollen. Damit wird indirekt zugegeben, dass E.ON bisher zu wenig in die Netze investiert hat. Ebenso wies attac Paderborn bereits in seiner letzten Pressemitteilung darauf hin, dass der Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) mit hohen zukünftigen Investitionskosten für den Ausbau der Netze im Rahmen der Energiewende rechnet als auch die Deutsche Bank in einem Gutachten 2007 die unrechtmäßige Bereicherung der Energiekonzerne an der Allgemeinheit durch fehlenden Wettbewerb monierte. Attac fragt: Sind diese Punkte in den Gutachten berechnet?

Wir sagen, dass dem mündigen Bürger die Möglichkeit gegeben werden muss, die Chancen und Risiken des Rückkaufs der Netze selbst abzuwägen. Eine derart zukunftsweisende Entscheidung mit einer Tragweite von über 20 Jahren kann man nicht alleine einem Stadtrat überlassen, der spätestens nach 5 Jahren neu gewählt wird und nicht zur Rechenschaft für Fehlentscheidungen herangezogen werden kann.

Das aktuelle Vorgehen in Hinterzimmermentalität zeugt von einem vormodernen Politikverständnis bei den Verantwortlichen der Verhandlungen, das Politikverdrossenheit befördert, indem es die Bürgerinnen und Bürger entmündigt. Solange die Transparenz fehlt und die Wertgutachten und Kaufverträge nicht offengelegt sind, sollte einem Kauf der E.ON Aktien nicht zugestimmt werden.

Attac Paderborn lädt die Paderborner Öffentlichkeit ein, sich kritisch mit der Übernahme zu befassen, und steht für Kooperationen in diesem Bereich zur Verfügung.
 

attac Hochschulgruppe Paderborn
 

i. A. vom attac Paderborn Plenum
Emanuel Rasche
Forum Ferdinandstraße
Ferdinandstraße 17
33102 Paderborn

http://www.attac-paderborn.de