Gender Studies/Geschlechterforschung

„Die Institutionalisierung der deutschsprachigen Gender Studies ist eng mit der Geschichte der Frauen- und Geschlechterforschung verbunden. Das Studienfach Gender Studies zeichnet sich dabei durch eine interdisziplinäre Forschungsperspektive aus, welche die Kategorie Geschlecht in den Mittelpunkt wissenschaftlicher Analysen setzt“ (Brand&Sabisch 2019: 1044). Ab den 1990er Jahren hat zunehmend eine Umbenennung der ehemals als „Frauenforschung“ oder „Frauenstudien“ bezeichneten Studienfächer in „Geschlechterforschung“ bzw. „Gender Studies“ stattgefunden (vgl. ebd.). Da die Gender Studies auf einem relationalen Verständnis der Kategorie Geschlecht basieren, liegt ihr Fokus auf der Entstehung und Entwicklung von Geschlechterverhältnissen und -ordnungen in Bereichen von Gesellschaft, Kultur und Wissen(schaft) (vgl. u.a. Hark 1998).

 Die Kategorie Geschlecht wird unter Berücksichtigung der gleichermaßen Frauen* wie Männern* zugeschriebenen Rollen, Funktionen und Attribute als ein soziales Konstrukt verstanden, das historisch-kulturellen Wandlungen unterliegt. Der Ausdruck Geschlecht oder Gender wird demnach „nicht (nur) als individuelle Eigenschaft oder Kennzeichnung einer Person aufgefasst, sondern als soziales Verhältnis innerhalb politisch und historisch gewachsener und veränderlicher Gesellschaftsstrukturen” (Rendtorff 2011: 224). Dementsprechend stellte das von der Anthropologin Gayle Rubin entwickelte sex/gender-System über lange Zeit ein grundlegendes Modell der Gender Studies dar (vgl. Feldmann/Schülting 2002: 144) – Judith Butlers (1990) These, dass auch sex diskursiv konstruiert sei, wurde hingegen erst später in die eigenen Arbeiten aufgenommen (vgl. Funk 2002: 156).

Zentraler Forschungsgegenstand der Gender Studies besteht entsprechend in der Analyse des hierarchischen Geschlechterverhältnisses – etwa in Bezug auf die Geschlechterdifferenz, die Geschlechtsrolle und Geschlechtsidentität – sowie dessen Manifestation in verschiedenen Gesellschaftsbereichen bzw. -feldern. Dabei werden durchaus auch Asymmetrien im Geschlechterverhältnis in verschiedenen Gesellschaftsbereichen in den Blick genommen, vorrangiges Interesse gilt aber vor allem der Frage nach der „Funktion”, „Konstitution” wie „Ausformung” von Geschlechterdifferenz (vgl. Feldmann/Schülting 2002: 143). Trotz einer gemeinsamen theoretischen Grundlage und vielfältiger Überschneidungen können die Zugänge in den Geschlechterstudien jedoch je nach fachdisziplinärer Schwerpunktsetzung divergieren.

Je nach Perspektive werden Gender Studies und Geschlechterforschung entweder synonym gesetzt, oder letztere wird als eine für den deutschen Raum spezifische Ausrichtung verstanden (vgl. Funk 2002: 154f.), die jedoch andere Forschungsgegenstände hat und sich hinsichtlich des institutionellen Kontextes unterscheidet (zur Unterscheidung zwischen Geschlechterforschung und Gender Studies siehe Hahn 2002: 156f.). Der Terminus gender wird dabei oftmals aufgrund der Eigenständigkeit als beweglicher wahrgenommen als die deutsche Bezeichnung ,Geschlecht‘, die sowohl sex – sprich das ‚biologische‘ Geschlecht – als auch gender umfasst (vgl. ebd.: 157). Die Gender Studies werden zwar zunehmend als eigenständige Disziplin wahrgenommen, doch es bleibt weiterhin schwierig von „den“ Gender Studies zu sprechen, da es sich um ein Studienfach handelt, dessen „Theorieentwicklung noch sehr in Bewegung und [dessen] Wissensfundament […] nicht kanonisiert“ (Rendtorff/Mahs/Wecker 2011: 8) ist.

(Weiterführende) Literatur:

Brand, Maximiliane/Sabisch, Katja (2019): Gender Studies: Geschichte, Etablierung und Praxisperspektiven des Studienfachs. In: Kortendiek, Beate/Riegraf, Birgit/Sabisch, Katja (Hrsg.):  Handbuch Interdisziplinäre Geschlechterforschung. Wiesbaden: Springer, S. 1043-1051.

Feldmann, Doris/Schülting, Sabine (2002): Gender Studies/Gender-Forschung. In: Metzler Lexikon Gender Studies / Geschlechterforschung. Ansätze – Personen – Grundbegriffe. Hrsg. von Knoll, Renate. Stuttgart: J. B. Metzler, S. 143-145.

Funk, Julika (2002): Geschlechterforschung. In: Metzler Lexikon Gender Studies / Geschlechterforschung. Ansätze – Personen – Grundbegriffe. Hrsg. von Knoll, Renate. Stuttgart: J. B. Metzler, S. 155-156.

Frey Steffen, Therese (2017): Gender. Ditzingen: Reclam, daraus insb. S. 31ff.

Hahn, Barbara (2002): Geschlechterforschung und Gender Studies. In: Metzler Lexikon Gender Studies / Geschlechterforschung. Ansätze – Personen – Grundbegriffe. Hrsg. von Knoll, Renate. Stuttgart: J. B. Metzler, S. 156f.

Hark, Sabine (1998): Disziplinäre Quergänge. (Un)Möglichkeiten transdiziplinärer Frauen- und Geschlechterforschung. In: Potsdamer Studien zur Frauen- und Geschlechterforschung H.2 (1998) (Neuauflage 2001), S. 7-22.  Verfügbar unter: https://www.genderopen.de/bitstream/handle/25595/453/Hark_1998_Querg%C3%A4nge.pdf?sequence=1.  Letzter Zugriff: 02.08.2022.Mendel, Iris (2015): WiderStandPunkte. Umkämpftes Wissen, feministische Wissenschaftskritik und kritische Sozialwissenschaften. Münster: Westfälisches Dampfboot.

Rendtorff, Barbara (2011): Stichworte und Begriffe aus der Geschlechterforschung. In: Rendtorff, Barbara/Mahs, Claudia/Wecker, Verena (Hrsg.): Geschlechterforschung. Theorien, Thesen, Themen zur Einführung. Stuttgart: Kohlhammer, S. 220-233, hier S. 224f.

Rendtorff, Barbara/Mahs, Claudia/Wecker, Verena (2011): Einleitung. In: dies. (Hrsg.), Geschlechterforschung. Theorien, Thesen, Themen zur Einführung. Stuttgart: Kohlhammer, S. 7-9.

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