Landesregierung kürzt Etat für Hochschulen und Studierendenwerke – ASten erwarten Qualitätsverlust in der Lehre und private Finanzierungsengpässe

Im September 2012 versprach Hannelore Kraft in ihrer Regierungserklärung weitere Investitionen in die Bildung. Angesichts des am Mittwoch im Landtag beschlossenen Etats des Wissenschaftsministeriums im Haushalt 2012 scheint sie sich schnell von diesem Vorhaben verabschiedet zu haben. Mehrfach hatten Studierendenvertretungen aus ganz NRW zuvor die mangelhafte Finanzierung der Hochschulen und Studierendenwerke kritisiert. Gerade angesichts der bevorstehenden Mehrbelastungen durch den doppelten Abiturjahrgang 2013 fehlt hier ein deutliches Signal der Landesregierung.

Zwar wurde insgesamt noch nie so viel Geld in das Bildungssystem investiert wie heute, jedoch ist die öffentliche Finanzierung seit den 1970er Jahren pro Studierendem inflationsbereinigt um mehr als 20 Prozent gesunken. Ein immer größerer Anteil dieser Gelder wird über zeitlich befristete Programme im Wettbewerb zwischen den Hochschulen vergeben. Bildung und Wissenschaft dürfen nicht auf wirtschaftlich bezifferte Konkurrenzgüter reduziert werden. Das Land NRW muss für eine umfangreiche Grundfinanzierung der Hochschulen einstehen, anstatt sie anhand zweifelhafter Indikatoren gegeneinander auszuspielen.

Die Qualitätsverbesserungsmittel bleiben im Landeshaushalt auf dem Niveau der Einnahmen aus Studiengebühren aus dem Jahr 2009 eingefroren. Es erfolgt weder eine notwendige inflationsbedingte Erhöhung noch eine Anpassung an die seit 2009 stark gestiegenen Studierendenzahlen. "So werden sich die Betreuungsverhältnisse weiter verschlechtern. Schon jetzt gibt es an manchen Hochschulen Seminare mit 600 oder mehr Teilnehmer/innen. Von hoher Qualität der Lehre und wissenschaftlichem Diskurs kann bei diesen Bedingungen schon lange nicht mehr gesprochen werden", kritisiert Florian Rittmeier, AStA-Vorsitzender der Universität Paderborn.

"Einige Dozent/innen müssen schon jetzt ihre Veranstaltungen via Videostream in andere Hörsäle übertragen. Diesen Verlust an Qualität der Lehre können und werden wir nicht akzeptieren. Der an dieser Stelle von der Landesregierung eingeschlagene Weg der Unterfinanzierung der Lehre ist unverantwortlich", ergänzt Christoph Husemann, hochschulpolitischer Referent im AStA der Universität Paderborn.

Doch nicht nur die Hochschulen, sondern auch die Studierendenwerke werden im Regen stehen gelassen. So wurde der Haushaltsposten für Sachbearbeiter/innen auf dem Jahresniveau von 2011 eingefroren – Lohnerhöhungen und steigenden Studierendenzahlen zum Trotz. Studierende warten oft monatelang auf die Bearbeitung ihres BAföG-Antrags, weil den Studierendenwerken real die Mittel gekürzt werden. Viele Studierende wissen nicht, wie sie ihre Miete bezahlen sollen.

Das Problem besteht natürlich nur für Studierende, die bezahlbaren Wohnraum gefunden haben. Seitdem das Land NRW im Jahr 2008 den Zuschuss für Studierendenwohnheime abgeschafft hat, sehen sich Studierende mit wachsender Wohnungsnot konfrontiert. Aus eigener Kraft sehen sich viele Studierendenwerke nicht in der Lage, das Eigenkapital für neue Wohnheime aufzubringen, um soziale Mieten im Rahmen der BAföG-Wohnungspauschale in Höhe von 224 Euro anzubieten. Die vom Land kürzlich verdoppelten Schuldendiensthilfen für Wohnheime sind durch das aktuelle Zinsniveau unattraktiv für die Studierendenwerke und können das Problem des mangelnden Eigenkapitals nicht lösen. "Das Land versucht sich auf diese Weise öffentlichkeitswirksam aus der Verantwortung zu stehlen", bewertet Christoph Husemann das Vorgehen der Landesregierung.

Gemeinsam mit Florian Rittmeier stellt er fest:

"Die Landesregierung ist mit diesem Haushalt 2012 ihrer Verantwortung für eine solide Grundfinanzierung der Hochschulen, Qualität in der Lehre und soziale Infrastruktur nicht gerecht geworden. Hinsichtlich der steigenden Studierendenzahlen wurden de facto Gelder gekürzt. Für die Studierenden bedeutet dies private Finanzierungsengpässe, ein fortschreitender Verlust an Qualität der Lehre und steigende Wohnungsnot. Wir fordern die Landesregierung auf, für den Haushalt 2013 aus den Fehlern zu lernen und ihrer Verantwortung für die Hochschulen und Studierenden nachzukommen!"

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