Jedem einen Zugang zu Kunst ermöglichen

Prof. Dr. Rebekka Schmidt will angehende Kunstlehrkräfte befähigen, jeden Schüler bei der Suche nach seinem persönlichen künstlerischen Ausdruck zu unterstützen

Wie kann Kunstunterricht besser werden? Und welche Kompetenzen müssen Kunstlehrer/innen mitbringen? Rebekka Schmidt ist neue Professorin für Kunstdidaktik mit dem Schwerpunkt Inklusion an der Fakultät für Kulturwissenschaften. Sie führt Studien zur Unterrichtsqualität in Grundschulen durch und erforscht unter anderem, wie neue Medien – speziell Tablets – das Lernen fördern können.

„Unterrichtsqualitätsforschung im Fach Kunst gibt es noch sehr wenig. Meine Frage ist, wie man die aktuellen Erkenntnisse allgemeiner Lehr-/Lernforschung fachspezifisch umsetzen kann“, erklärt Rebekka Schmidt. Eine wichtige Rolle auch im Kunstunterricht spiele etwa das Prinzip der kognitiven Aktivierung: Dabei gehe es nicht darum, standardisiertes Wissen abzufragen, sondern zum Denken und zur intensiven Auseinandersetzung mit einem Gegenstand anzuregen. „Bei der Betrachtung von Kunstwerken gibt es beispielsweise so viele tiefergehende Fragen, die sich stellen, z. B. die nach dem „Warum“. Leider wird das offene Fragen und Diskutieren aber oft vernachlässigt.“    

Theorie wichtig für die Praxis

Für eine solche Art des Unterrichts brauchen Lehrende Fachwissen, fordert Rebekka Schmidt, das ihnen gerade in der Grundschule oft fehle. „Dort sind Kunstlehrkräfte meist nicht fachspezifisch ausgebildet. Aber das Fachwissen brauchen sie: Wer sich selbst sicher im Stoff fühlt und sich gut auskennt, hat die Gelassenheit, sich auf – auch ungewöhnliche – Perspektiven der Schüler einzulassen und nachzuhaken. Das erfordert natürlich zusätzliche eine offene Grundhaltung.“

Rebekka Schmidt – selbst Grundschulpädagogin – analysiert Videoaufzeichnungen, wertet Fragebögen und Interviews aus, kombiniert dabei quantitative und qualitative Methoden der Sozialforschung. „Das ist eine effektive Verbindung: Mit einer repräsentativen Zahl an Analysen stellen wir unsere Ergebnisse auf breite Füße. Arbeitet man allerdings ausschließlich quantitativ, ist man zu sehr festgelegt auf die vorher schon getroffenen Thesen. Qualitative Methoden ermöglichen dahingegen eine Erweiterung des Blicks und damit auch eine umfassendere Sicht und Präzisierung des Gegenstandes.“  

Ästhetische Erfahrungen mit Tablets

Mit solchen Methoden untersucht Rebekka Schmidt auch, wie neue Medien für künstlerische Projekte im Unterricht genutzt werden können. „Tablets oder Smartphones nehmen immer mehr unseren Alltag ein. Schule muss darauf zumindest reagieren. Ich kann mir gut vorstellen, dass solche Geräte spezifische ästhetische Erfahrungen ermöglichen. Ich kann zum Beispiel fotografieren oder filmen, die Aufnahmen direkt bearbeiten und auch schnell wieder korrigieren oder löschen.“ Durch dieses Spielen und Experimentieren könnten Schüler ihre Wahrnehmung schärfen und ganz bewusst gestalterische Prinzipien erfahren. Auch Schüler, die sich weniger für die klassischen künstlerischen Mittel wie Malen interessierten, könnten so gut einen Zugang zur Kunst finden.

Alle Fragestellungen von Rebekka Schmidt gelten damit ganz besonders auch dem inklusiven Kunstunterricht, der auf Chancengerechtigkeit sowie die Anerkennung und Wertschätzung von Unterschieden aller Art ausgerichtet ist. „Jeder Schüler findet eine Möglichkeit des Ausdrucks. Wichtig dafür ist, dass sie Erfahrungen künstlerischer Prozesse machen, gestalterische Prinzipien lernen und verschiedene Techniken an die Hand bekommen. Wenn ein Kind am Ende der 4. Klasse einfach sagt:  ‚Ich kann nicht malen‘, finde ich das sehr traurig.“   

Text: Frauke Döll

Kontakt: Prof. Dr. Rebekka Schmidt, S 2.113, 05251 60-3459

Prof. Dr. Rebekka Schmidt/ Foto: Universität Paderborn, Frauke Döll