Auf gute Zusammenarbeit

Prof. Dr. Kirsten Thommes analysiert, welche Faktoren organisationale Identität ausmachen und forscht auf dem Gebiet der Mensch-Maschine-Interaktion.

Gleich zwei Schwerpunktbereiche bestimmen die Forschungsarbeit von Prof. Dr. Kirsten Thommes, seit April 2018 Professorin für „Organziational Behaviour“ an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften. Zum einen untersucht sie, wie Unternehmen organisationale Identität schaffen können und zum anderen, wie die Interaktion von Mensch und Maschine verbessert werden kann. Was beide Themenkomplexe vereint, ist die Analyse erfolgreicher Zusammenarbeit.

Identität als Gemeinschaftsgut

„Verschiedene Unternehmen, die eigentlich in Konkurrenz zueinander stehen, bilden eine Clusterressource“, erklärt Thommes. Was zunächst abstrakt klingt, wird am Beispiel einer für Luxusuhren bekannten Region greifbar. Berühmt für feinste Uhrmacherkunst und Chronometer, die mitunter so viel kosten wie ein Kleinwagen, sind im Erzgebirge mehrere Manufakturen angesiedelt, die sich eines teilen: das Label „made in Glashütte“. Damit einher geht ein Markenversprechen, das für höchste Qualität steht. Und das schon seit Jahrzehnten.

„Die Zugehörigkeit zu einer Region wird zu einem Qualitätsmerkmal, das alle ansässigen Unternehmen, die ja auch die gleichen Kundengruppen haben, für sich nutzen wollen. In einem Projekt, das ab November von der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird, untersuchen wir, wie es gelingen kann, sowohl für das eigene Haus und damit identitätswahrend, als auch für die gesamte Region und damit gleichzeitig für die Konkurrenz zu werben“, erklärt die Wissenschaftlerin.

Bei dem Vorhaben soll herausgearbeitet werden, welche Elemente die sogenannte organisationale Identität ausmachen. „Durch das Zusammenarbeiten von Menschen in Organisationen entsteht ein gemeinschaftliches Verständnis. Es bildet sich also eine kollektive Identität. Bislang ist aber noch gar nicht geklärt, welche Faktoren dafür maßgeblich sind“, so Thommes. Mithilfe eines Multi-Level-Ansatzes, der sowohl die Perspektive der Arbeitnehmer, der Organisationen als auch die Ebene des organisationalen Feldes einbezieht, soll es nun gelingen, diese Faktoren zu identifizieren.

Um belastbare Ergebnisse zu gewinnen, wertet das Team um Thommes u. a. sogenannte „Crawler-Daten“ aus. Das sind Informationen, die aus Unternehmensseiten im Internet, Broschüren oder ähnlichen Angeboten stammen und öffentlich zugänglich sind. Die Wissenschaftler interessiert dabei vor allem, wie die Unternehmen über Mitarbeiter, aber auch über ihre Mitbewerber sprechen. „Es geht uns um den gezielten Umgang mit sozialen Prozessen, die das Verhalten der Angestellten und Kollegen beeinflussen. Zusätzlich untersuchen wir Archivdaten und internes Material wie Gerichtsakten oder Designproben. Alles zusammen ergibt ein rundes Bild von der Unternehmensidentität und dem Selbstverständnis“, so Thommes.

Mensch-Maschine-Interaktion

Im zweiten Bereich geht es um die Frage, wie die Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine bestmöglich im Sinne einer Arbeitserleichterung für den Menschen und einer Effizienzsteigerung für die Unternehmen gestaltet werden kann.

„Dazu laufen hier am Lehrstuhl verschiedene Projekte“, so Thommes. Das Vorhaben ORIENT untersucht den Einsatz von Robotern in der Pflege, während sich EcoDrive mit Assistenzsystemen für Berufskraftfahrer beschäftigt. In beiden Fällen gilt es, herauszufinden, wie menschliche Arbeitsleistung sinnvoll und effektiv durch Roboter und ähnlich intelligente Systeme ergänzt werden kann.

„Im Fall der Pflegeroboter wissen wir zum Beispiel, dass sich das Personal durch deren Anwesenheit extrem gestört fühlt. Das belegen schon Ergebnisse aus Vorstudien in Japan. Auch die LKW-Fahrer sind nicht begeistert, dass Computer das Denken für sie übernehmen sollen. Das Hauptziel von EcoDrive ist Ressourcenersparnis zugunsten der Umwelt. Assistenten berechnen und geben – das ist der Knackpunkt – vor, welche Fahrweise am meisten Kraftstoff spart. Das gefällt den Fahrern natürlich nicht.“ Sobald eine von den Maschinen ausgehende Dominanz empfunden werde, würden sich Anwender und Verbraucher sperren, lautet die Einschätzung der Expertin. „Wer hört schon gerne, wie er sich zu verhalten hat. Den nervigen Beifahrer kennen wir alle“, sagt sie.   

Thommes räumt ein: „Inzwischen sind wir aber schon einen Schritt weiter. Wir haben uns immer wieder von der Frage leiten lassen‚ was passieren muss, damit Maschinen besser von den Menschen angenommen werden. Jetzt wissen wir, dass oftmals die bloße Aufbereitung der Informationen, die die KIs ausgeben, entscheidend für die Akzeptanz ist“. So wirkten sich zu viele Zahlen, Daten und Fakten laut der Expertin überfordernd auf die Rezipienten aus, während eher vage Angaben positiver aufgenommen würden. Entscheidend sei auch, dass der Mensch weniger Interpretationsaufwand leisten müsse. Dazu Thommes: „Sobald Werte nicht mehr selbst eingeordnet werden müssen, steigt die Befürwortung. Dann wird das Assistenzsystem wirklich als Erleichterung wahrgenommen“.

Nina Reckendorf, Stabsstelle Presse und Kommunikation

 

Foto (Universität Paderborn, Nina Reckendorf): Prof. Dr. Kirsten Thommes untersucht, welche Faktoren erfolgreiche Zusammenarbeit ausmachen.